Zum Inhalt springen

Garāgūs

Brauchbarer Artikel
Aus Wikivoyage
Straße in Garāgūs
Garāgūs · جراجوس
GouvernementQinā
Einwohnerzahl20.427 (2006)
Höhe80 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Garāgūs

Garagus (auch Garagos, Garagous, Jarajus, arabisch: ‏جراجوس, Ǧarāǧūs) ist ein Dorf im Gouvernement Qinā etwa 25 km nördlich von Luxor und 6 km südlich von Qūṣ mit etwa 20.000 Einwohnern.

Das Dorf ist hauptsächlich für seine Werkstätten für die sog. Garāgūs-Keramik bekannt, die auch besichtigt werden können. Einige Gebäude wurden von Hassan Fathy (geb. 1900, gest. 1989), einem der bedeutendsten Architekten Ägyptens des 20. Jahrhunderts, entworfen.

Hintergrund

[Bearbeiten]
Karte
Plan des Dorfs Garāgūs

Das Dorf befindet sich auf der östlichen Niluferseite in etwa 2 km Entfernung zum Nil. Das Dorf ist etwa 25 km nördlich von Luxor, 6 km südlich von Qūṣ und 3 km nordwestlich von Schanhūr gelegen.

Geschichte

[Bearbeiten]

Die Anfänge des Dorfs Garāgūs liegen im Dunkeln. Eine frühe Besiedelung seit dem 3. Jahrhundert n. Chr. ist denkbar, da in diesem Dorf die (spätere) Heilige Verena um 260 n. Chr. geboren wurde und aufwuchs. Ein koptischer Name des Dorfs ist nicht bekannt. Von Muḥammad Ramzī (1871–1945) stammte zwar der Vorschlag, dass Garāgūs mit dem griechischen und somit älteren Ort Kerkeēsis/Kerkeisi (griechisch: Κϵρκεήσις) identisch sei.[1][2] Aber der Ort lag im heutigen el-Faiyūm.[3]

Auch aus der Folgezeit ist kaum etwas bekannt. Der Verwaltungsbeamte und renommierte Poet Ibn Mammātī (1149–1209)[4] erwähnte bei Qarāqusch (‏قراقش‎) in seiner Verwaltungsschrift Kitāb Qawānīn ad-dawāwīn, dass es eine Insel ist.[2][5] Ramzī führte des Weiteren aus, dass die heutige Ortsbezeichnung Garāgūs seit 1256 AD in Gebrauch ist.[2]

Als Nichtregierungsorganisation „Association of Haute-Égypte“ (Vereinigung von Oberägypten) führten die (katholischen) Jesuiten-Mönche Stéphane de Montgolfier (1907−2000), Maurice de Fenoyl (1909−2004) und Philippe Ackermann (1914) zwischen 1946 und 1967 vor Ort eine Mission durch. Sie gründeten und betrieben eine Grundschule seit 1947, ein Krankenhaus, eine Weberei für junge Frauen unter der Leitung von Folla el-Masri (1919–2003) und die hiesigen Keramikwerkstätten. Dazu beauftragten die Mönche den bedeutenden ägyptischen Architekten Hassan Fathy (geb. 1900, gest. 1989), hierfür Entwürfe zu entwickeln, von denen die für die Keramikwerkstätten 1955 umgesetzt wurden.[6] In den Webereien werden Teppiche und Wandteppiche gewebt.

2006 lebten in Garāgūs etwa 20.000 Einwohner, darunter etwa 2.000 Christen.

Hl. Verena, hl. Mauritius

[Bearbeiten]

In der hiesigen Kirche des hl. Georg und der hl. Verena werden die hl. Verena und der hl. Mauritius verehrt. Beide Heilige sind in Ägypten weniger bekannt, weil sie hauptsächlich in Europa wirkten. Beide dienten in der von Diokletian und Maximian um 285 gegründeten thebäischen Legion, die hauptsächlich aus Christen bestand. Mit diesen Truppen gelangten sie über Mailand nach Europa.

Die hl. Verena wurde bereits in Theben gemäß der Vita prior durch den Bischof Chaeremon († 250 n. Chr.) getauft und im christlichen Glauben unterwiesen. Ihr Weg führte sie in Europa von Mailand über Agaunum/Saint-Maurice nach Salodurum/Solothurn und ließ sich hier bei einem Einsiedler nieder. Hier widmete sie ihr Leben als gottgeweihte Jungfrau dem Fasten und Gebet. Beim Verkauf von Handarbeiten gelang es ihr, Blinde und Besessene zu heilen und Gleichgesinnte um sich zu scharen. Während ihrer Verhaftung soll ihr der hl. Mauritius erschienen sein, um sie zu trösten. Nachdem sie den römischen Statthalter von einem Fieber heilen konnte, wurde sie wieder freigelassen. Am Ende ihres Lebens lebte sie eingeschlossen in einer Höhle. Sie starb um 320 in Bad Zurzach. Die hl. Verena dient heute u. a. als Schutzheilige der Krankenpflegerinnen und ist seit 2003 Mitpatronin des Bistums Basel.

Der hl. Mauritius soll in Theben geboren worden sein und später als Kommandeur in der thebäischen Legion gedient haben. Kaiser Maximian hatte diese Legion dann später seinem eigenen Heer einverleibt und wollte es gegen Christen einsetzen. Das Heer meuterte 302/303 bei Agaunum. Maximian ließ anfänglich das Heer dezimieren, und, weil dies nicht den nötigen Erfolg zeitigte, die komplette Mannschaft ihres Glaubens wegen hinrichten. Der hl. Mauritius ist heute Schutzheiliger des Heeres und der Messer- und Waffenschmiede.

Anreise

[Bearbeiten]

Auf der Straße

[Bearbeiten]

Von Luxor aus verlässt man die Stadt nach Westen und nutzt die Fernverkehrsstraße 25 Qinā–Aswān in nordöstlicher Richtung. Die Straße verläuft parallel zum Schanhūrīya-Kanal und teilweise zur Bahnlinie nach Kairo. Etwa 1 km nördlich des Dorfs 1 el-Mifarragīya (‏المفرجية‎) zweigt man bei 1 25° 50′ 25″ N 32° 46′ 21″ O nach Westen ab und überquert dabei den genannten Kanal. Man folgt der Straße, die parallel zur Bahnlinie läuft, nach Norden. Diese Straße passiert Garāgūs im Osten, und man zweigt im Bereich des Dorfs nach Westen ab.

Alternativ kann man der Fernverkehrsstraße 25 bis nach Schanhūr folgen. Hier überquert man den Schanhūrīya-Kanal bei 2 25° 51′ 32″ N 32° 46′ 55″ O und fährt vom Nordwesten des Dorfs aus etwa 3 km in nordwestlicher Richtung durch landwirtschaftliche Flächen nach Garāgūs. Kurz vor dem Erreichen des Dorfs muss man die Bahnanlagen überqueren.

Mit dem Zug

[Bearbeiten]

Die Bahnlinie Kairo–Assuan führt unmittelbar im Osten am Dorf vorbei. Es gibt zwar einen 3 Haltepunkt im Nordosten des Dorfs. Hier halten aber nur Regionalzüge. Alternativ kann der Bahnhof in Qūṣ genutzt werden. Von hier aus kann man mit einem Minibus nach Garāgūs fahren.

Sehenswürdigkeiten

[Bearbeiten]

Handwerk

[Bearbeiten]
  • 1 Keramik-Werkstätten. (25° 52′ 11″ N 32° 45′ 10″ O)
    In den Werkstätten werden hauptsächlich bläuliche, grünliche und bräunliche Gebrauchskeramiken wie Teller, Schalen, Tassen und Vasen gefertigt und mit Vögeln, Tieren, Pferden, Fischen, Palmen und geometrischen Mustern dekoriert. Die Materialien stammen aus der Umgebung. Diese Keramik ist mikrowellengeeignet. Zudem werden christliche Statuen und Figuren aus dem Alltagsleben gefertigt.
    Man kann die Wässerung des Tons, die Formung auf einer Töpferscheibe, die Dekoration, das Glasieren und das Brennen besichtigen.
    Die Werkstätten wurden von den Kunsthandwerkern gepachtet. Erbstreitigkeiten um Gewinnanteile unter den Künstlern konnten noch beigelegt werden. Die Kirche ließ die Werkstätten am 19. April 2021 mit dem Vorwurf schließen, dass die Brennöfen zerstört worden seien. Die Keramik-Fertigung soll aber wieder aufgenommen werden, jedoch ohne die alten Kunsthandwerker.[7]

Architektur

[Bearbeiten]

Die Keramik-Werkstätten wurden 1955 als überkuppelte Lehmziegelbauten nach Plänen von Hassan Fathy errichtet.

Kirchen

[Bearbeiten]
  • 1 Kirche des hl. Georg und der hl. Verena (‏كنيسة الشهيد العظيم مار جرجس والقديسة فيرينا, ​Kanīsat asch-schahīd al-ʿaẓīm Mār Girgis wa-Qiddīsa Fīrīnā). An der Ikonenwand befinden sich auch Bildnisse der hl. Verena und des hl. Mauritius, die hauptsächlich in Europa verehrt werden. (25° 52′ 14″ N 32° 45′ 21″ O)
  • 2 Kirche der hl. Familie (‏كنيسة العائلة المقدسة للأقباط الكاثوليك, ​Kanīsat al-ʿĀʾila al-Muqaddasa li-l-Aqbāṭ al-Kāthūlīk, ​St. Josephs-Kirche). Die koptisch-katholische Kirche ist eine einschiffige Hallenkirche mit dem Eingang und einer Empore im Westen, einer hölzernen Flachdecke mit Lichtdom und einer Ikonenwand im Osten. Die aus einer anderen Kirche stammenden Ikonenwand besitzt am oberen Ende in der Mitte eine Ikone Christi und zu beiden Seiten weitere neun Ikonen von Heiligen und darüber das Kreuz Christi. Die Heikale (Zugänge) führen links zum Baptisterium, in der Mitte zum Alar der heiligen Familie und rechts zu dem des hl. Markus. Zwischen den Zugängen befinden sich die links die eine Ikone des hl. Joseph mit Jesus und rechts die für Maria mit ihrem Kind. Das Bildnis Christi, umgeben von vier Engeln, im mittleren Altarraum wurde 2012 geschaffen. Vor der Kirche befindet sich eine Skulptur Mariens. Messen werden in Koptisch und Arabisch gehalten. (25° 52′ 13″ N 32° 45′ 8″ O)

Weiteres

[Bearbeiten]
  • 1 Koptisch-katholische Grundschule (‏مدرسة الاقباط الكاثوليك الابتدائية الخاصة‎) (25° 52′ 12″ N 32° 45′ 8″ O)

Einkaufen

[Bearbeiten]

Die in den Keramik-Werkstätten hergestellte Keramik kann vor Ort erworben werden.

Küche

[Bearbeiten]

Restaurants gibt es im nahe gelegenen Luxor oder Qinā.

Unterkunft

[Bearbeiten]

Unterkünfte gibt es in Luxor oder Qinā.

Ausflüge

[Bearbeiten]
  • 3 km südöstlich von Garāgūs befindet sich das Dorf 2 Schanhūr , in dem sich die römische Tempelanlage der Isis, des Min und des Hor-pa-chered-wer-tepi-en-Amun befindet.
  • 6 km nördlich von Garāgūs befindet sich die Stadt 3 Qūṣ . Neben zwei Pylonen eines pharaonischen Tempels aus der späten ptolemäischen Zeit besitzt die Stadt zahlreiche bauliche Zeugnisse aus mittelalterlicher, islamischer Zeit. Unmittelbar nördlich vom 12 km nordnordöstlich gelegenen 4 Qifṭ befinden sich in 5 el-Qalʿa die Überreste des Isis-Tempels aus römischer Zeit.
  • Auf dem thebanischen Westufer gegenüber von Luxor befindet sich das 6 Hassan Fathy Village . Die heute kaum genutzte Lehmarchitektur-Siedlung war eins der ehrgeizigsten Siedlungsprojekte des ägyptischen Architekten Hassan Fathy.

Literatur

[Bearbeiten]
  • Sidhom, Wiliam: Garagos : histoire de 21 ans de présence des Pères Jesuites 1946-1967 = Ǧarāǧūs : qiṣṣat 21 ʿāman lil-Ābāʾ al-Yasūʿiyīn 1946-1967. al-Qāhira: Maǧāz lit-Tarǧama wa-'n-Našr, 2018.
[Bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten]
  1. Amélineau, É[mile]: La géographie de l’Égypte à l’époque copte. Paris: Impr. Nationale, 1893, S. 218–219.
  2. 2,0 2,1 2,2 Ramzī, Muḥammad: al-Qāmūs al-ǧuġrāfī li-’l-bilād al-miṣrīya min ʿahd qudamāʾ al-miṣrīyīn ilā sanat 1945 ; Bd. 2, Heft 4: Mudīrīyāt Asyūṭ wa-Ǧirǧā wa-Qinā wa-Aswān wa-maṣlaḥat al-ḥudūd. Kairo: Maṭbaʿat Dār al-Kutub al-Miṣrīya, 1963, S. 186 (Nummern oben).
  3. Timm, Stefan: Kerkeēsis. In: Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit ; Bd. 3: G - L. Wiesbaden: Reichert, 1985, Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients : Reihe B, Geisteswissenschaften ; 41,3, ISBN 978-3-88226-210-0, S. 1238–1239.
  4. Siehe auch: Brockelmann, Carl: Geschichte der arabischen Litteratur; Bd. 1. Weimar: Felber, 1898, S. 335.
  5. Ibn-Mammātī, Asʿad [Ibn al-Muhaḏḏab]: Kitāb Qawānīn ad-dawāwīn. al-Qāhira: Maṭbaʿat Miṣr, 1943, S. 167. Das Buch von den Regeln der Diwane. Im Abschnitt al-Qūṣīya wird das Dorf Farāqusch (‏فراقش‎) genannt.
  6. Archnet.org: Ceramics Factory, Priest’s House und Cultural Centre of Garagus mit Kirche, Handwerksschule und Krankenhaus/Klinik. — Digital Collections, American University of Cairo: Garagos Village Pottery and Ceramics Factory.
  7. Amira Noshokaty: Garagous pottery factory closes in blow to Egypt’s intangible heritage. In: Ahram Online, Donnerstag, 22. April 2021.Amira Noshokaty: Garagous pottery factory signs a collaboration protocol with the Handicraft Chamber of Egypt. In: Ahram Online, Dienstag, 18. Mai 2021.
Brauchbarer Artikel
Dies ist ein brauchbarer Artikel. Es gibt noch einige Stellen, an denen Informationen fehlen. Wenn du etwas zu ergänzen hast, sei mutig und ergänze sie.