Radreisen in Argentinien
Argentinien könnte eigentlich ein Radfahrerparadies sein. Landschaften, wie sie vielfältiger nicht sein könnten und eine flache Topographie machen es im Prinzip für diese Fortbewegungsart ideal.
Dennoch ist eine längere Radreise in Argentinien nach wie vor ein Abenteuer, für das man einige Vorbereitung benötigt - denn es fehlt sowohl an Radwegen, Transportmöglichkeiten, radfahrertauglichen Unterkünften und vor allem an gutem Kartenmaterial. Wer aber bereit ist, zu improvisieren, der wird bei einer Tour durch dieses Land viel Freude haben, insbesondere, wenn er ein geländegängiges Mountainbike oder Trekkingrad sein Eigen nennt.
Allgemeines
[Bearbeiten]Fernradtouren sind in Argentinien noch nicht zum Massensport geworden. Auch heute noch sind in vielen Gebieten ausländische Radreisende in der Mehrheit gegenüber Argentiniern. Dies ist leider auch Ausdruck einer geringeren Wertschätzung der Rad gegenüber, verglichen mit Europa. Es wird eher als Kurzstreckenfahrzeug für die Stadt wahrgenommen.
Dennoch kann man als Radfahrer natürlich die Infrastruktur für Autofahrer und Busreisende nutzen. Ein Zelt ist allerdings fast Pflicht, denn Hotels mit Radfahrerstellplätzen sind rar, allenfalls in Außenbezirken und kleineren Orten kann man das Rad z. B. in einem Schuppen unterstellen oder bei Unterklasse-Hotels und Familienunterkünften mit ins Zimmer nehmen.
Problematisch ist das Überqueren der großen Flüsse. Sämtliche Brücken über den Paraná sind für das Befahren mit Fahrrädern gesperrt.
Radfernwege
[Bearbeiten]Es gibt keine ausgeschilderten Radfernwege in Argentinien. Daher ist man meist auf normale Straßen angewiesen. Und hier liegt auch schon das Hauptproblem: Die Fernstraßen Argentiniens sind für Radfahrer ein wahrer Alptraum, insbesondere wegen dem LKW-Verkehr, der noch weniger als die Autofahrer auf Radreisende achtet. Daher ist man gut beraten, eine - in der Regel geschotterte - Alternativstrecke zu finden. Daraus ergibt sich auch, dass man mit dem Rennrad in Argentinien nur in wenigen Gegenden (z. B. der östlichen Pampa) glücklich werden wird - ein gefedertes Mountain- oder Trekkingbike ist eher zu empfehlen.
Beliebte Radstrecken sind:
- Quebrada de Humahuaca, eine Schlucht im extremen Norden des Landes. Viele Radfahrer fahren nach Bolivien und Chile weiter.
- Valle Calchaquí im Nordwesten, ein flaches, reizvolles Bergtal mit vielen alten Kolonialstädten.
- Mountainbike-Tour Córdoba-Cosquín-Traslasierra in den Sierras de Córdoba, eine recht kurze Strecke, die auch oft bei Rallyes genutzt wird. Sie ist wegen der Höhenunterschiede vergleichsweise anspruchsvoll. Bekannt ist sie auch dafür, dass der bekannte Sänger und Hobby-Radfahrer Carlos "La Mona" Jiménez sich auf ihr fit hält.
Mountainbike & BMX
[Bearbeiten]Auch das Mountainbike hat zwar die Straßen erobert, als Sportgerät ist es jedoch weiterhin nicht allzu verbreitet. Daher gibt es auch wenige angelegte Mountainbike-Trails. Die meisten Bergradfahrer müssen sich daher entweder mit den normalen Bergpfaden oder eben Feldwegen begnügen. Dasselbe gilt für BMX, und das, obwohl Argentinien in dieser Disziplin eine der "Weltmächte" mit vielen Fahrern in der Weltspitze ist.
Angelegte Mountainbiketrails gibt es in folgenden Orten (Liste im Aufbau und unvollständig):
- Comodoro Rivadavia - mit atemberaubenden Blicken aufs Meer, aber wegen des Windes und der Steigungen etwas für Hartgesottene
- Ushuaia - hier gibt es vorwiegend Downhillpfade, die sich den Platz mit Wanderwegen teilen (auf denen man auch fahren kann)
- La Punta in Santiago del Estero, noch weitgehend unbekanntes Regional-Mekka der Biker, niedrige bis mittlere Schwierigkeitsgrade, nicht allzu steil
- Nationalpark Quebrada del Condorito mit wunderbaren Blicken auf die Täler der Sierras de Córdoba, aber sehr holprig und recht kurz
- Alta Gracia, eine BMX- und MTB-Metropole, aus der mehrere Weltklassefahrer stammen. Hier gibt es auch eine recht entwickelte organisierte Szene.
- Villa Carlos Paz, südwestlich der Stadt gibt es einige angelegte MTB-Pfade
- San Martín de los Andes etliche Spitzentrails direkt oberhalb vom Zentrum
Reisezeit
[Bearbeiten]Im Prinzip bietet sich das gesamte Jahr für Radreisen an, mit Ausnahme des extremen Südens (Provinz Santa Cruz und Feuerland) in dem der Winter ungemütlich kalt werden kann. Auch kann es im Sommer im Norden sehr regnerisch und gleichzeitig schwülheiß sein, zudem kommt es dann z. T. zu Überschwemmungen und Erdrutschen, die eine Tour verzögern können - auch wenn man als Radfahrer hier sicherlich weniger beeinträchtigt wird als als Autofahrer. Ideal sind in fast jedem Fall Frühling und Herbst, in der Nordhälfte auch der trockene (Süd-)Winter, in dem sich die Kälteeinbrüche in Grenzen halten.
Radtransport
[Bearbeiten]Das Rad einfach so ohne Auseinanderbauen transportieren wie in europäischen Zügen? In Argentinien ein seltenes Glück.
Mit der Bahn
[Bearbeiten]Sofern vorhanden, ist eine Bahnverbindung trotz der längeren Reisezeiten meist die beste Lösung, denn es ist fast sicher, dass man das Rad irgendwo, ob im Gepäckwagen oder im Flur der Reisezugwagen, unterbringen kann. Zudem sind die Preise der Züge derzeit niedriger als die der Busse. Bahnstrecken sind jedoch zur Zeit nur wenige vorhanden, die größte Auswahl gibt es in der Provinz Buenos Aires.
Der S-Bahn-artige Vorortverkehr von Buenos Aires ist beim Fahrradtransport unproblematisch. Fahrräder werden aufpreisfrei transportiert und in den Triebzügen gibt es Fahrradhalterungen an den Führerstandsenden (leider nicht an allen). Bei den Linien, die von den Kopfbahnhöfen Constitución (Línea Roca), Doctor A. Sáenz (Línea Belgrano sur), Once (de Septiembre) (Línea Sarmiento), Federico Lacroze (Línea Urquiza) und den drei Retiro-Bahnhöfen (Línea Mitre, Línea Belgrano norte und Línea San Martín) ausgehen, gibt es hohe Bahnsteige und stufenlose Einstiege. Das betrifft jedoch nicht die mit Diesellokomotiven und klassischen Reisezugwagen bedienten Außenstrecken der Línea Mitre nach Zárate und Capilla del Señor, der Línea Sarmiento nach Lobos und Mercedes und des Netzes der Línea Roca hinter Temperley, Ezeiza und Alejandro Korn. Ein Manko des Systems ist seine nur ungenügende Vernetzung. Die zumeist britischen Unternehmen, die das argentinische Eisenbahnnetz bauen ließen, konkurrierten heftig miteinander. Dadurch entstanden Strecken mit drei verschiedenen Spurweiten, Umsteigebahnhöfe an den Kreuzungen der Strecken gibt es insbesondere im Nordwesten noch immer nicht. Eine Stammstrecke in der Innenstadt existiert nicht, diese Aufgabe muss die U-Bahn übernehmen. Aus Gründen der Auslastung gibt im U-Bahn-Netz keine Fahrradmitnahme.
Mit dem Flugzeug
[Bearbeiten]Der Fahrradtransport bei Inlandsflügen ist in der Regel problemlos möglich, sofern es auseinandergebaut und verstaut ist. In der Regel wird für das Fahrrad wie für jedes große Gepäckstück ein Pauschalpreis erhoben, der umgerechnet etwa 20 bis 30 Euro beträgt.
Mit dem Bus
[Bearbeiten]Busse fahren in Argentinien nahezu überall hin. Doch zum Transportieren muss man das Rad auseinanderbauen und in einem Karton verpacken. Noch besser: spezielle Fahrradtaschen, die jedoch in Argentinien rar sind. Selten wird auch ein Aufpreis wegen "übergroßem Gepäckstück" verlangt. Längst nicht alle Busunternehmen transportieren Fahrrräder, es ist ratsam, Fahrkarten vorher zu kaufen. Die Fahrkartenverkäufer in den großen Busbahnhöfen wissen in der Regel, welche Unternehmen Fahrräder transportieren. Ein faltbarer Rahmen und eine Transporthülle sind sehr hilfreich.
Unterkunft
[Bearbeiten]Einen Campingplatz gibt es in Argentinien fast in jedem Ort. Diese sind meist sehr preisgünstig und Fahrräder kosten meist nichts. Man sollte sie jedoch insbesondere in großen Touristenorten nachts besser an einen Baum oder Laternenpfahl schließen, da nicht alle Plätze hundertprozentig sicher sind. Übertriebene Angst vor Fahrradklau braucht man aber nicht zu haben.
Bei Hotels ist darauf zu achten, dass in Großstädten oft keine Unterstellungsmöglichkeiten (Ausnahme: Hotels mit Garage) bestehen. In kleineren Hotels kann man das Rad manchmal zur Not ins Zimmer mitnehmen.
Karten
[Bearbeiten]Spezielle Radkarten gibt es nur in wenigen, abgegrenzten Reisegebieten.
Für Fernfahrten empfehlen sich die ACA-Provinzkarten, erhältlich an den Servicestationen und Tankstellen des argentinischen Automobilclubs und in ausgewälten Buchläden und Kiosken. Hier handelt es sich um Straßenkarten im Maßstab ca. 1:400.000 bis 1:750.000, die im Normalfall alle Straßen und radtauglichen Fahrwege enthalten. Trials sucht man hier natürlich umsonst. Der Preis der Karten ist recht günstig. Auch die etwas billigeren und weniger detaillierten ARGENGUIDE-Karten, die es an jedem besseren Kiosk gibt, sind für große Entfernungen ausreichend.
Wer mehr Details benötigt, ist meist auf die Karten des Instituto Geográfico Nacional (früher Instituto Geográfico Militar) angewiesen, das Karten in den Maßstäben 1:50.000, 1:100.000 und 1:250.000 anbietet. Diese sind am besten beim Institut selbst in Buenos Aires (Av. Cabildo 381, Stadtteil Palermo, Öffnungszeiten: Mo-Fr 8 bis 14 Uhr) sowie online bei Geo Argentina zu erhalten. Leider sind diese Karten oft nicht verfügbar oder vergriffen, und die Digitalversion ist sehr teuer. Natürlich kann man sich im Notfall auch mit Google Maps behelfen, Argentinien-Satellitenbilder sind seit ca. 2010 fast zur Gänze in einem "radfahrertauglichen" Maßstab dort vorhanden.