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Levadawanderungen auf Madeira

Wandern
Gewählt zum Reisethema des Monats November 2013
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Die portugiesische Atlantikinsel Madeira ist bekannt für Levadawanderungen. Es können hier aber auch Bergwanderungen im Hochgebirge des Pico Ruivo oder Küstenwanderungen durchgeführt werden. Auch letztere werden in diesem Artikel beschrieben.

Hintergrund

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Typischer Levada-"Weg" im steilen Gelände

Levadas sind künstlich angelegte Bewässerungskanäle, 20 bis 120 cm breit und bis zu einem Meter tief, mit deren Hilfe sich die Einwohner der Insel schon seit ihrer Besiedlung im 15. Jhd. deren klimatische Besonderheiten zunutze machen. Die meisten der ankommenden Winde vom Atlantik regnen das ganze Jahr über an der rauen und oft schwer bebaubaren Nordküste bzw. deren Seite des zentralen Hochlands ab. Die sanftere und landwirtschaftlich einfacher zu bearbeitende Südküste verzeichnet dagegen gerade im Sommer lange Trockenperioden.

Schon sehr bald und danach über Jahrhunderte hinweg wurde daher versucht, in halsbrecherischen Wegführungen das Wasser aus dem hohen Norden der Insel über kleine Kanäle in den trockeneren Süden zu führen, teilweise in langen Tunnelführungen unterhalb des Zentralmassivs. Der Reitertunnel bei Rabaçal stellt dabei das größte dieser Tunnelbauwerke dar. In heutiger Zeit sind so etwa 2000 km solcher Wasserwege entstanden, die sich noch weiter in einzelnen Verästelungen auf die Felder erstrecken und bis heute auch Gegenstand eines komplizierten, historisch gewachsenen Wasserrechts sind.
Das Hauptinteresse der Wanderer besteht dabei in den neben jeder Levada verlaufenden Wartungswegen, die sich je nach Lage und Umgebung als 50 cm breiter Rand der Betoneinfassung des Kanals oder als bequemer Spazierweg darstellen können. In jedem Fall verlaufen sie mit einem minimalen Gefälle, was Levada-Wanderungen als solches dadurch immer auszeichnet. Steile An- oder Abstiege im Rahmen solcher Wanderungen müssen allenfalls zum Erreichen eines Ein- oder Ausstiegs bewältigt werden.

Wegführung und Wegenetz

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Levadatunnel vom Fotoblitz beleuchtet, sonst wärs finster

Levadas dienen nach wie vor der landwirtschaftlichen Bewässerung. Die touristische "Nebennutzung" als Wanderwege hat sich erst in den letzten 30 Jahren einem zunehmend größeren Publikum erschlossen. Insoweit gibt es auch kein Wegenetz als solches, vielmehr haben sich an verschiedenen Stellen der Insel einzelne Abschnitte einzelner Levadas als lohnende Pfade herauskristallisiert. In verschiedenen Wanderführern sind mittlerweile an die 50 Routen gut dokumentiert und zumeist auch seitens der Behörden entsprechend gepflegt und gesichert.
Für den Zeithorizont des Normalurlaubers dürfte dieser Katalog ausreichend Beschäftigung bieten. Von Experimenten, weitere Levadaführungen auf eigene Faust zu erkunden, muss ohne langjährige Erfahrung dringend abgeraten werden. Das gilt genauso für das Begehen von Levadas, ohne zuvor Informationen über den aktuellen Zustand eingeholt zu haben. Fehlendes Gefälle dieser Bauwerke bedeutet nicht, dass sie von jedermann begangen werden können. Sie sind in oft lebensgefährlicher Arbeit teilweise in den Berg hineingehauen worden, überqueren manchmal auf höchst rudimentär gesicherten Betonstreben Taleinschnitte, passieren manchmal auch längere, dunkle Tunnels, in deren stark abgeschrägten, glitschigen Seitenwegen kaum aufrechtes Gehen möglich ist oder unterqueren Wasserfälle auf rutschigen Betonplatten, an deren talseitigem Ende es ungesichert dreissig Meter in den Abgrund geht. Nachdem Levadas im Allgemeinen niveaugleich um die Hügelausläufer herumführen, kann der Wanderer selten überblicken, welche Situation ihn hinter der nächsten Kurve erwartet.
Auf Grundsicherung und Instandhaltung der dokumentierten und eingeführten Routen kann man sich mittlerweile aber verlassen bzw. auf eine deutliche Sperrung der Wege, sollte dies nicht so sein. Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind entlang der meisten Levadas dennoch erforderlich. Fast immer führen diese Wege aber durch eine unberührte Natur mit oft grandiosen Aussichten und gerade die wechselnden Situationen der Wegführung machen auch deren Spannung aus. Markierungen sind nicht nötig in Anbetracht des eindeutigen Verlaufs. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, den jeweiligen Einstiegspunkt zu finden, weil der Verlauf der oft schmalen Rinnsale von Straßen aus schwer auszumachen ist. Aber auch hier hat sich die entspr. Beschilderung mittlerweile verbessert.
Der zunehmenden Be- und Zersiedlung gerade im Süden der Insel ist zu verdanken, dass tiefer liegende Bereiche einzelner Levadas mittlerweile teilweise durch Wohngebiete verlaufen, was stillen Naturgenuss streckenweise relativieren kann.

Ausrüstung und Sicherheit

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Wegsicherung im Caldeirao Verde

Dokumentierte Levadawanderungen lassen sich mit gesundem Menschenverstand und dementsprechender Ausrüstung problemlos bewältigen, soweit Sie sich im Vorfeld über das spezielle Profil informiert haben. Die "Klassiker" in Rabaçal oder zwischen Funchal/Monte und Camacha gerieren sich sogar eher als Spaziergang für Jedermann. Wenn Sie sich aber weiter in die Natur vorwagen, ist (wie überall) folgendes zu berücksichtigen:

  • Sie sind nicht in den mitteleuropäischen Alpen, wo zehn Flugminuten entfernt ein Rettungshubschauber oder die örtliche Bergwacht bereitsteht. Im Notfall kann es bis zu einer Stunde dauern, bis ihnen jemand zu Hilfe (Tel. 112) kommen kann, die vielbeschworene Trillerpfeife hin oder her. Körperliche Fitness also lieber nicht überschätzen und im Zweifelsfall eher umkehren.
  • Auf Madeira können Wetterumschwünge zu jeder Jahreszeit plötzlich und unvorbereitet eintreten, gerade in höheren Lagen auch verbunden mit starkem Nebel. Entsprechende Kleidung sollte also mitgeführt werden, selbst wenn der Himmel am Start im satten Blau strahlt.
  • Trittfestigkeit erfordert natürlich mindestens entsprechendes Schuhwerk.
  • Kinder sollten mindestens über ausreichende Bergerfahrung verfügen und müssen sorgfältig beaufsichtigt werden. Talseitig ungesicherte Kanten können sehr plötzlich auftreten.
  • Für Routen, die durch Tunnels führen, sind Taschenlampen für jeden Teilnehmer dringend anzuraten. Bei glitschigen Durchgängen können Handschuhe helfen.
  • Fast immer können Sie verschiedene Grade der Schwindelfreiheit austesten. Wer hier Probleme befürchtet, sollte die Wanderbeschreibung aufmerksam studieren.

Anfahrt

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Informationen zur Anreise nach Madeira finden Sie im dortigen Artikel, zur Anreise in die einzelnen Zielgebiete ebenfalls dort.

Entsprechend dem Grundprinzip eines fließenden Wassers sind Rundwanderungen bei Levadaverläufen selten, auch wenn es einige Kombinationsmöglichkeiten gibt. Im Regelfall aber wird der Ausgangspunkt angesteuert und entweder vom Endpunkt aus mit einem alternativen Verkehrsmitel die Heimfahrt angetreten oder man kehrt auf demselben Weg zum Ausgangspunkt zurück. Verkehrstechnisch bieten sich daher folgende Alternativen:

  • Wanderung im Rahmen eines gebuchten Ausflugs. Der Veranstalter garantiert Hinfahrt und Rückholung.
  • Dasselbe Prinzip läßt sich individuell mit vielen, mittlerweile auf diese Klientel eingestellten Taxifahrern realisieren, die oft auch eigene Tips beisteuern können. Kontakte entweder im Vorfeld über die lokalen Tourismusbehörden knüpfen oder vor Ort fragen.
  • Mit dem Mietwagen in zwei Gruppen durch Vorplanung oder Kontaktknüpfung vor Ort (im Hotel): Erstes Auto am Endpunkt abstellen, gemeinsam zum Startpunkt und nach absolvierter Wanderung erstes Auto wieder abholen.
  • Nutzen der örtlichen Busverbindungen entweder insgesamt oder in Kombination mit dem eigenen Auto. Die meisten Wanderbeschreibungen führen genau auf, welche Busverbindungen evtl. am Start- oder Zielpunkt nutzbar sind (Aktualität prüfen!). Wegen der oft dünnen Fahrpläne setzt man sich so natürlich auch einen entsprechenden Zeitrahmen.

Verpflegung

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Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen werden unterwegs Verpflegungsmöglichkeiten geboten, auch an den Anfangs- und Endpunkten gibt es nicht immer kleine Läden, Snack-Bars oder dergleichen. Für ausreichenden Proviant, im Sommer insbesondere genügend Wasser muss also vor Beginn der Wanderung gesorgt werden.

Dokumentierte Wanderwege

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Die meisten dieser Wanderungen sollten nicht ohne ausreichende, möglichst aktuelle Vorab-Informationen angegangen werden (s. Literatur und Weblinks). Wanderkarten in dazu angemessenen Maßstäben gibt es für Madeira nicht. (Außer vielleicht Madeira KOMPASS-Wanderkarten WK 234, Maßstab 1:50 000)

   Wegen des natürlichen Verlaufs der Levadas fällt meist aber nicht die Orientierung im Gelände schwer, sondern allenfalls das Auffinden der Einstiegspunkte.

Entsprechend der Vielzahl ist die folgende Auswahl nicht vollständig, einzelne Strecken sind in unterschiedlicher Richtung begehbar oder auch in anderen Kombinationen möglich oder beschrieben. Auch lassen sich mit entsprechender Planung mehrtägige Wanderrouten über die gesamte Insel zusammenstellen.

im zentralen Hochland

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"Spazierweg" zu den Klassikern bei Rabacal
Die für Jedermann geeigneten Klassiker zu den 25_Fontes und zum Risco-Wasserfall,
Auch in Kombination mit der Levada da Rocha Vermelha oder dem Tal der Ribeira Grande.
Durch den Reitertunnel zur Levada Calheta Ponta da Pargo an die Südküste.
Entlang der Levada do Paúl zum Cristo Rei am Forsthaus Cova Grande und evtl. weiter zum Encumeada-Pass.
Kurzwanderungen zu den Erhebungen auf Paúl da Serra, z. B. Bica de Cana und Pico Ruivo do Paúl.
An die Nordküste durch das Tal der Ribeira do Janela.
Entlang der Levada do Norte ins Folhadal
Entlang der Levada do Rabacal und der Levada do Paúl zum Cristo Rei und nach Rabacal
Bergtour auf dem Höhenwanderweg über den Torrinhas-Pass in den Kessel von Curral das Freiras oder alternativ zum Pico Ruivo
Bergtour zur Boca da Corrida, Anschlußmöglichkeit Abstieg übr den Eselspass nach Curral das Freiras
Höhenwege zur Boca da Corrida, Encumeada oder Pico Ruivo (s.o.)
Abstieg vom Aussichtspunkt Eira do Serrado nach Curral
Entlang der Levada do Curral e Castelejo
Der Pico do Arieiro ist über Poiso auf einer Strasse bis zum Aussichtspunkt gut zu erreichen. Dort Rundwanderung durch den ökologischen Park oder den zweiten Klassiker Madeiras, den Höhenwanderweg zum Pico Ruivo.
Von Santana zur Achada do Teixeira. Von dort auf den Pico Ruivo und weiter nach Encumeada oder Curral das Freiras

im Südwesten

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Der Abstieg von Jardim do Mar nach Paúl do Mar
  • steile Küstenwanderung von Jardim do Mar bei Prazeres nach Paul do Mar
  • Verlauf der Levada Nova zwischen Prazeres und Ponta do Pargo oder von Prazeres nach Calheta. (manchmal auch als Levada Calheta-Ponta da Pargo bezeichnet)
  • in steilen Wänden der Talkessel von Ponta do Sol oder Tabua der Levada Nova folgen

im Nordwesten

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  • Der Ribeira do Janela folgen, bei Kondition bis hinauf nach Paúl da Serra

im Nordosten

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  • Küstenwanderungen bei São Jorge und São Roque bzw. Abstieg von Cruz.
  • Aus dem Gebiet von Queimadas heraus hinauf zum Pico Ruivo oder auf einer landschaftlich aufregendsten Wanderung Madeiras in den Caldeirao verde (Grünen Kessel) sowie Caldeirao do Inferno (Höllenkessel).
  • Von Ribeiro Frio auf einer sehr einfachen Wanderung zum Aussichtspunkt Balcoes oder in stiller Runde durch den Lorbeerwald Feiteiras de Baixo
  • Von Portela nach Ribeiro Frio oder entlang der Levada da Serra oberhalb von Santo da Serra.
  • Entlang der Levada do Caniçal oberhalb Machico und/oder Abstieg zur Küste von Caniçal. Eine anstrengende Küstenvariante führt auch von hier nach Porto da Cruz.
  • Auf der Halbinsel von São Lourenço zur Nordostspitze Madeiras

im Südosten und nahe Funchal

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  • Die klassischen Einsteigertouren gerade für in Funchal beheimatete Besucher führen von Montes botanischen Garten über der Hauptstadt entweder über die Levada dos Tornos oder die Levada da Serra nach Camacha. Etwas Schwindelfreiheit erfordert der Abstieg von Monte zur Levada de Bom Successo. Alle drei Touren sind über die Seilbahn von Funchal aus gut zu erreichen und geben keine besonderen Schwierigkeiten für die Rückkehr auf.
  • Von Camacha aus entlang der Levado do Caniço abwärts nach Assomada oder an der Levada dos Tornos nordwärts Richtung Lombo Grande
  • Vom Levadeiro-Haus bei Boa Morte entlang der Levada do Norte zum Cabo Girão oder in einem schwindelerregenden Verlauf nordwärts in den Taleinschnitt der Ribeira de Serra de Agua.

Praktische Hinweise

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Im Verlauf einer Levadawanderung werden ihnen zumeist nur andere Wanderer oder der Levadeiro begegnen. Manchmal werden sie Weidetiere wie Schafe oder Ziegen sehen, in bewohnteren Abschnitten gelegentlich (auch streunende) Hunde. Neben der üblichen Vorsicht können Sie sich in aller Regel darauf verlassen, dass diese Publikum gewöhnt sind und mehr Angst haben als Sie.


Versuchen Sie bitte nicht, scheinbare Unordentlichkeiten im Verlauf der Levadas zu beheben. Diese unterliegen einem komplizierten Wasserrecht und teilweise unorthodoxer Konstruktionen. Abflüsse zu weit entfernten Abnehmern können durch notdürftige Hölzer, Lappen o.ä. gesichert sein, die Ihnen als "Müll" erscheinen, tatsächlich aber der Verwaltung der Zuteilungen dienen. Also: Eigenen Müll selbstverständlich mitnehmen, alles andere in und um die Levadas so lassen, wie es ist.

Literatur

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  1. Rother-Wanderführer Madeira Die schönsten Levada- und Bergwanderungen. 60 Touren. Mit GPS-Tracks (Taschenbuch), Rolf Goetz (Autor), 176 Seiten, Verlag: Bergverlag Rother; Auflage: 9. Vollständ. überarb. (2014), ISBN 978-3763342747 bietet wie fast zu allen Destinationen einen umfangreichen, aktuellen und kompetenten Überblick mit guten Detailkarten.
  2. Landschaften auf Madeira: Ein Auto- und Wanderführer. Mit Update-Service [Broschiert], Pat Underwood (Autor), John Underwood (Autor), Andreas Stieglitz (Übersetzer), 144 Seiten, Verlag: Sunflower Verlag; Auflage: 10. Auflage. (April 2010), ISBN 978-1856913744 Der Klassiker des britischen Residentenehepaars von 1988 kann eine schöne Ergänzung mit anderen Kartenbildern und Wanderkombinationen abgeben und wird bis heute aktualisiert. Sozusagen der Ur-Wanderführer für Madeira.
  3. Madeira Tour&Trail 1:40.000 Scale Map von David Brawn, doppelseitiges Kartenwerk, Verlag: Discovery Walking Guides Ltd., ISBN 978-1904946526 bietet angesichts des dürftigen Kartenwerks zu Madeira noch die beste Kombination aus Strassenverläufen und Landschaftspunkten für Wanderer, um Einstiege zu finden.
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