Deir Abū Ḥinnis
Deir Abū Ḥinnis · دير أبو حنّس | |
Gouvernement | Minyā |
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Einwohnerzahl | 19.638 (2006) |
Höhe | 55 m |
Deir Abū Ḥinnis |
Deir Abu Hinnis (arabisch: دير أبو حنّس, Dair Abū Ḥinnis) ist ein Dorf mit eztwa 20.000 Einwohnern[1] in Mittelägypten im Gouvernement Minyā 2 Kilometer südlich von esch-Scheich ʿIbāda und 4 km nördlich von Deir el-Barschā östlich des Nils. Östlich des Dorfes befindet sich mit dem Kōm Maryam eine Raststätte der heiligen Familie entlang ihrer Fluchtroute in Ägypten.
Hintergrund
[Bearbeiten]Ähnlich wie Deir el-Barschā wurde das hiesige Kloster von einem aus der Sketis (Wādī an-Natrūn) geflohenen Mönch gegründet. Der Überlieferung nach kam Johannes der Kleine mit seinen Anhängern im Jahr 407 nach der Plünderung seines Klosters durch Beduinen hierher. Die früheste Kirche stammt bereits aus dem 5. Jahrhundert.
In den Felshängen östlich des Dorfes im Bereich von Deir Abū Ḥinnis und Deir el-Barschā gibt es Dutzende von Einsiedeleien auf einer Länge von zwei Kilometern, die mit Wandmalereien mit christlichen Motiven enthalten. Hierzu gehört auch eine Kirche, die heute als Höhlenkirche Johannes des Kleinen gilt.
Ein weiteres Pilgerziel ist der Kōm Maryam (arabisch: كوم مريم), wo sich die hl. Familie aufgehalten haben soll. Der Hügel befindet sich ca. 1 km östlich vom Dorfzentrum entfernt.
Alljährlich strömen zahlreiche Pilger im Januar und Juli nach Deir Abū Ḥinnis.
Anreise
[Bearbeiten]Die Anreise kann mit einem PKW oder Taxi erfolgen. Deir Abū Ḥinnis erreicht man zum einen über Deir el-Barschā mit einer Autofähre direkt von Mallawī aus (Ostufer: 1 27° 45′ 26″ N 30° 52′ 40″ O, Westufer: 2 27° 45′ 38″ N 30° 52′ 23″ O). Die Fähre fährt, wenn sie voll ausgelastet ist, ungefähr im 30-Minutentakt. Dies ist die empfehlenswertere Strecke, wenn man mit einem PKW reist.
Die scheinbar kürzere Strecke von Scheich ʿIbāda im Osten um das Dorf herum vorbei am Dorf Deir Ṣunbāt (دير صنبات) erweist sich als deutlich schwieriger, weil die Piste teilweise versandet ist und PKWs im Sand stecken bleiben können. Besser scheint hier die Verwendung hochstehender Kleinbusse, Kleintransporter o.ä.
Mobilität
[Bearbeiten]Die Straßen in Deir Abū Ḥinnis sind zum Teil sehr eng. Man kann nicht umhin, die letzten etwa 500 m bis zur Kirche des Johannes des Kleinen zu Fuß zurückzulegen.
Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten]Die Hauptsehenswürdigkeit des Dorfes ist die 1 Kirche des Johannes des Kleinen (27° 47′ 12″ N 30° 54′ 17″ O), arabisch: كنيسة أبو حنّس القصير, Kanīsat Abū Ḥinnis al-qaṣīr, englisch: Church of John the Short, aus dem 5. Jahrhundert, die sich im Dorfzentrum befindet. Die mit drei Kuppeln versehene Kirche besteht aus einem Vorraum (Narthex) im Westen, dem Kirchenschiff und dem zentralen Altarraum und zwei Allerheiligsten (Haikale) im Osten. Das nördlichere ist für die hl. Jungfrau, das südlichere für Johannes den Kleinen bestimmt. Die Allerheiligsten enthalten Ikonen der hl. Jungfrau und von Johannes den Kleinen. Das Kirchenschiff ist in drei Sektionen unterteilt, über denen sich die drei Kuppeln befinden. In der Nähe des nördlichen Haikals befindet sich das Taufbecken (Baptisterium). Der halbrunde Hauptaltarraum (Apsis) verfügt über drei Nischen in der Wand.
Im nördlichen Allerheiligsten steht ein Alter, der einen Grabstein für eine Febronia aus dem Jahr 750 n. Chr. wiederverwendet. Die Inschrift dieses Grabsteins lautet nach Carl Schmidt: „Das ganze Leben des Menschen gleicht einem Rauche und alle Sorgen dieses Lebens sind wie ein Schatten, der sich senkt. Alle Werke Gottes sind unerforschlich[,] und in gerechtem Gericht sind die, welche vor ihm (sc. Gott) sich befinden. Indem nun die Zeit eintraf, daß ich den Körper ablegte, kam über mich seine (des Körpers?) Furcht, da ich mich zur Erde gewandt nach Art meiner Eltern. Gedenke nun meiner, der unglücklichen Febronia, möge Gott Erbarmen mit mir haben, die ich entschlief am 27. des Monats Epiphi des Jahres 466 ab Diokletian.“[2]
Im Dorf gibt es zwei weitere koptisch-orthodoxe und zwei evangelische Kirchen.
Die so genannte 2 Höhlenkirche des hl. Johannes des Kleinen aus dem 6. oder 7. Jahrhundert befindet sich im Bereich der Einsiedeleien des Ostgebirges ca. 3 km südöstlich von Deir Abū Ḥinnis. Sie enthält bedeutsame, heute aber stark zerstörte Wandmalereien. Zu den Darstellungen gehören der Kindermord in Betlehem im Beisein des Herodes, die Erscheinung des Engels Gabriel vor Josef, die Flucht der heiligen Familie, die Hochzeit zu Kana und die Auferstehung des hl. Lazarus. Die Kirche ist mit einem Metallgitter verschlossen. Schlüssel gibt es in den Klöstern von Deir Abū Ḥinnis und Deir el-Barschā.
Unterkunft
[Bearbeiten]Unterkunftsmöglichkeiten bestehen in el-Minyā.
Weiterhin besteht eine Unterkunftsmöglichkeit im Gästehaus der Kirche des Johannes des Kleinen.
Ausflüge
[Bearbeiten]Der Besuch von Deir Abū Ḥinnis lässt sich mit dem von Deir el-Barschā und Scheich ʿIbāda verbinden.
Literatur
[Bearbeiten]- Beschreibung des Stätten:
- Dayr Abū Ḥinnis (Mallawī). In: Atiya, Aziz Suryal (Hrsg.): The Coptic Encyclopedia ; Bd. 3: Cros - Ethi. New York: Macmillan, 1991, ISBN 978-0-02-897026-4, S. 701–703. :
- Cairo: American University in Cairo Press, 1977 (2. Auflage), ISBN 978-977-201-496-5, S. 371–373. : Christian Egypt, ancient and modern.
- Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo (MDAIK), ISSN 0342-1279, Bd. 27 (1971), S. 157–171. : Neue Untersuchungen in der Kirche von Dair Abu Hinnis in Mittelägypten. In:
- Zum Leben von Johannes dem Kleinen (John Colobos, John the Small, Jean le Petit):
- John Colobos, Saint. In: Atiya, Aziz Suryal (Hrsg.): The Coptic Encyclopedia ; Bd. 5: John - Mufa. New York: Macmillan, 1991, ISBN 978-0-02-897034-9, S. 1359–1362. :
- : an alphabetical compendium of martyrs, patriarchs and sainted ascetes in the Coptic calendar, commemorated in the Jacobite Synascarium. London, New York: Society for Promoting Christian Knowledge, MacMillan, 1937, S. 170–172. : The Saints of Egypt
- Annales du Musée Guimet (AMG), ISSN 1155-7400, Bd. 25 (1894), S. 316–410. : Vie de Jean Colobos. In:
- Grabstein der Febronia:
- Wörter und Sachen : kulturhistorische Zeitschrift für Sprach- und Sachforschung, Bd. 1 (1909), S. 70–80, insbesondere S. 72. : Der sigmaförmige Tisch und der älteste Typus des Refektoriums. In:
- : mit Hinweisen auf die Totenklage im Orient überhaupt. In: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien : Philosophisch-historische Klasse, Bd. 219,2 (1941), S. 5–7. : Die Totenklage bei den Kopten
- Studia orientalia christiana : Collectanea, Bd. 18 (1985), S. 165–173. : Ancora sulla stele di Febronia a Deir Abu Hennis. In:
- Höhlenkirche des hl. Johannes des Kleinen
- Notes archéologiques et philologiques. In: Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale (BIFAO), ISSN 0255-0962, Bd. 2 (1902), S. 41–70, 7 Tafeln. :
- Eastern christian art : in its late antique and islamic contexts (ECA = EChA), Bd. 1 (2004), S. 89–112. : La frise des saints de l’église rupestre de Deir Abou Hennis. In:
- Boud’hors, Anne ; Gascou, Jean ; Vaillancourt, Denyse (Hrsg.): Études coptes IX : onzième journée d’études, (Strasbourg, 12 - 14 juin 2003). Paris: de Boccard, 2006, Cahiers de la bibliothèque copte ; 14, ISBN 978-2-7018-0190-2, S. 119–134, 5 Tafeln. : Le cycle de l’enfance du Christ dans l’église rupestre de Saint-Jean-Baptiste à Deir Abou Hennis. In:
Weblinks
[Bearbeiten]- Koptisches Synaxar (Martyrologium) zum 20. Baba (Coptic Orthodox Church Network)
Einzelnachweise
[Bearbeiten]- ↑ Einwohnerzahlen nach dem ägyptischen Zensus von 2006. Central Agency for Public Mobilization and Statistics, abgerufen am 7. November 2014.
- ↑ In: Strzygowski, Josef, Der sigmaförmige Tisch, a. a. O., S. 72.