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Ṭihnā el-Gebel

Gewählt zum Reiseziel des Monats August 2008 „abseits der Touristenpfade“
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Aufweg zum Tempel des Amun und zum Gräberhügel
Ṭihnā el-Gebel · طهنا الجبل
GouvernementMinyā
Einwohnerzahl7.387 (2006)
Höhe47 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Ṭihnā el-Gebel

Tihna el-Gebel (auch Tehne, Tihna al-Dschabal, Tihna el-Jebel, arabisch: ‏طهنا الجبل, Ṭihnā al-Ǧabal, das antike Akoris) ist ein Dorf mit reichlich 7.000 Einwohnern und eine archäologische Stätte in Mittelägypten, zwölf Kilometer nordöstlich von el-Minyā östlich des Nils. Zur archäologischen Stätte gehören Felsengräber seit dem Alten Reich, Felsentempel seit der Zeit Ramses’ II. und Siedlungsreste aus der griechisch-römisch-byzantinischen Zeit.

Hintergrund

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Karte
Lageplan von Ṭihnā el-Gebel
Blick auf das Dorf Ṭihnā el-Gebel

Das Dorf Ṭihnā el-Gebel befindet sich nordwestlich des Kalksteingebirges am Mund des Wādī eṭ-Ṭihnāwī (‏الوادي الطهناوي, al-Wādī aṭ-Ṭihnāwī, „das Wadi von Ṭihnā“). Der südliche Felsen erinnert in seiner Form an einen liegenden Löwen.

Im Zentrum von Ṭihnā el-Gebel befindet sich die 1 Moschee des Kāmil Bey, die größte Moschee des Dorfs, und im Süden die 2 Kirche des hl. Menas mit angeschlossenem Friedhof. 2006 lebten im Dorf 7.387 Einwohner.[1]

Geschichte

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Das Gebiet des Dorfes und das Gelände in seinem Süden waren schon seit dem altägyptischen Alten Reich besiedelt. Die altägyptische Ortschaft trug mehrere Namen: altägyptisch: Mer-nefer(et) („Schöner Kanal“, Altes und Mittleres Reich), Per-Imen-mat-chent(j) (Pr-Jmn-mꜢt-ḫntj, „Das Haus des Amun, des vordersten Löwen“, Neues Reich), Ta-dehenet (TꜢ-dhnt, „die Bergspitze“, ab 26. Dynastie), griechisch: Ἄκωρις (Akoris, lateinisch Acoris) und Τῆνις (Tēnis).

Die altägyptische Siedlung war zu allen Zeiten wichtige Verwaltungsstadt. Sie gehörte zeitweise zum 16. und 15. oberägyptischen Gau, dem Antilopengau bzw. Hasengau. Seit griechischer Zeit bildete sie sie dann aber die Südgrenze des 17. oberägyptischen Gaus, des Schakalgaus Inpu.t (griechisch Kynopolites). Ṭihnā besaß wohl auch einen Hafen. Archäologische Zeugnisse gibt es erst seit dem Neuen Reich mit dem Tempel des Amun. Die heutigen Siedlungsreste südlich des Dorfes stammen erst aus römisch-byzantinischer Zeit. Vielleicht gab es hier aufgrund der strategisch günstigen Lage seit persischer Zeit auch eine Festung. Archäologisch lässt sich dies aber bisher nicht belegen.

Die Götter besaßen einen starken lokalen Bezug bezüglich der Felsen bzw. des Wadis. Die in der Frühzeit hier verehrte Gottheit ist unbekannt. Vielleicht war es eine Löwengottheit. Aus den südlicher gelegenen Fraser-Gräbern ist der Kult für die Mutter- und Totengöttin Hathor, Herrin des Wadi-Eingangs, belegt, der seit der Zeit des Mykerinos (4. Dynastie) hier bestand. Möglicherweise nahm Hathor den Platz der früheren Löwengöttin ein. Ab der 18. Dynastie wurde hier nun der Fruchtbarkeitsgott Amun-Mai-Chenti, Amun-der-vorderste-Löwe, verehrt. Ab der 26. Dynastie trat hier zusätzlich Sobek, Herr von Beẖ(et) (Herr der Mündung des (Wüsten-)Weges), hinzu und wurde Hauptgottheit. Weitere hier verehrte Götter waren Thot, Isis und/oder Mut, Osiris, Horus und Chons. Die Verehrung setzt aber meist erst in griechisch-römischer Zeit ein.

In den Felsen wurden bereits seit der Mitte der 4. Dynastie Gräber angelegt. Dies sind zum Teil große Kammergräber der begüterten Verwaltungsbeamten. Die berühmtesten sind die südlicher gelegenen Fraser-Gräber. In der 21. und 22. Dynastie wurden hier auch die Gräber der Priester des hiesigen Tempels angelegt. Die Gräber wurden aber allesamt geplündert. Ab dem Neuen Reich wurden einige der frühen Gräber in Kapellen für Amun und später auch für Sobek umgewidmet.

Das Gelände wurde auch als Steinbruch für den hier vorhandenen weißen kalzifizierten Nummulitenkalkstein genutzt. Der Kalkstein entstand im Tertiär aus den Kalkablagerungen einzelliger, Gehäuse tragender und im Meer lebender Amöben.[2]

Forschungsgeschichte

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Siedlungshügel aus griechisch-römischer Zeit, Blick nach Norden

Die archäologische Stätte ist mindestens seit der Napoleonischen Expedition unmittelbar zu Beginn des 19. Jahrhunderts bekannt und auch teilweise veröffentlicht worden.[3] Recht umfangreich beschrieben wurde Tihna el-Gebel durch die preußische Expedition Mitte des 19. Jahrhunderts unter Leitung von Karl Richard Lepsius (1810–1884).[4] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts legten Ahmed Kamal (1851–1923)[5] und Gustave Lefebvre (1879–1957)[6] weitere umfangreiche Forschungsergebnisse vor. Mit Unterbrechungen werden seit 1981 umfangreiche Grabungen japanischer Teams unter Leitung von Prof. Hiroyuki Kawanishi durchgeführt, die immer noch andauern.[7]

Anreise

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Die Anreise kann von Minyā aus auf der östlichen Nilseite mit einem Taxi aus erfolgen. Man passiert das Dorf im Süden, fährt über eine Kanalbrücke und weiter entlang der südlichen Seitenstraße. Das Fahrzeug kann man sinnvollerweise gleich neben dem 1 Haus der hiesigen Wächter (28° 11′ 13″ N 30° 46′ 18″ O) parken. Den Rest muss man zu Fuß bewältigen.

Mobilität

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In Begleitung der Wächter kann man die archäologische Stätte auf den Südfelsen am Eingang zum Wadi besuchen. Es ist nicht ganz einfach, weil man den Felsen besteigen muss. Die Fraser-Gräber sind von hier aus nur schwer zu Fuß erreichbar. Man gelangt zu ihnen besser über einen ausgeschilderten Straßenabzweig etwa 2 km südlich des Dorfes.

Sehenswürdigkeiten

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Der Eintritt ist bisher frei (Stand 2020).

Tempel und Kapelle

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Über einen langen Aufweg erreicht man den 3 Tempel des Amun-Mai-Chenti (28° 10′ 58″ N 30° 46′ 32″ O), der aus dem Neuen Reich stammt und auch als Tempel B bezeichnet wird. Er wurde in einem Kammergrab unter Ramses II. angelegt und unter Ramses III. fertiggestellt. Zu dieser Zeit war er ein reiner Felsentempel (Speos). Er besteht auf einer Gesamtlänge von etwa 30 m aus vier hintereinander liegenden Kammern mit einem Altar in der letzten Kammer. Die erste Kammer besitzt den ursprünglichen Grabschacht. In den Seitenwänden der dritten Kammer befinden sich je eine Aussparung, die wohl der Aufnahme einer Krokodilmumie diente. Hinter dem Altar befindet sich in der Rückwand eine weitere Nische, wohl für das Kultbild.

Deutlich erweitert wurde der Tempel in der Zeit des römischen Kaisers Nero (Regierungszeit 54 bis 68 n. Chr.). Der Tempel erhielt nun den Aufweg und einer dem Felsentempel vorgelagerten 20 m breiten und 10 m langen Pronaos (Vorhalle) mit acht Säulen. Nur der Eingang zur Säulenhalle wurde dekoriert. Auch wenn der südliche Pfosten nicht mehr in der Höhe seines nördlichen Gegenstücks erhalten ist, kann mal wohl annehmen, dass beide dieselbe spiegelbildliche Darstellung besaßen. Im Oberteil erblickt man den opfernden König Nero. Darunter befinden sich der kniende Nilgott Hapi, vor ihm die Kartuschen des Nero und hinter ihm eine Inschrift. Auf den ursprünglich im Eingangsbereich gelegenen, heute aber magazinierten Architravfragmenten waren weiterhin noch der Krokodilgott Sobek, der Schreibergott Thot, Isis oder Mut bei Opferhandlungen des Nero (oder Germanicus) zu sehen.

Unmittelbar südlich des Tempels des Amun befindet sich der Tempel des Sobek, Herr von Beh, aus vorptolemäischer Zeit. Auch er wurde in einem großen Kammergrab angelegt, von dem noch Pfeilerreste mit dem Abbild der Hathor vorhanden sind. Diese vier Pfeiler waren um den Grabschacht angelegt. Dieser Tempel besitzt bis auf eine Inschrift an der rechten (südlichen) Türlaibung, die den verehrten Gott nennt, keine weitere Dekoration. An seiner Rückseite befindet sich die Statuennische.

Südlich dieses Tempels befindet sich das vergitterte Grab 3. In seinem Inneren wurden Tiermumien gefunden, die aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. stammen. Auf der rechten Seite lässt sich die eines Krokodils gut ausmachen. Die Mumie nimmt Bezug auf den hier verehrten Krokodilgott Sobek. Es ist hier bei der Besichtigung äußerste Vorsicht geboten, weil sich unmittelbar vor dem Grab ein nicht gesicherter Grabschacht befindet.

Etwas weiter südlich befindet sich die etwa zwei Meter erhöht gelegene römische 4 Felskapelle C (28° 10′ 57″ N 30° 46′ 30″ O), die über eine heutzutage weggebrochene Treppe erreichbar war. So lässt sich die Kapelle heute nur mit fremder Hilfe erklimmen, was nicht ganz ungefährlich ist. Die Kapelle besitzt eine dekorierte, asymmetrisch angelegte Fassade: zur linken erkennt man eine Person in römischer Toga, wohl den Stifter der Kapelle, wie er vor einem Räucheraltar ein Blumenopfer darbringt. Rechts daneben befindet sich der Eingang zur Kapelle. Auf beiden Pfosten befinden sich drei Bildfelder übereinander: und zwar wurden auf dem linken Pfosten von oben nach unten Imhotep, der lebende Herold des Apis, ein vergöttlichter Mediziner und Bauleiter unter König Djoser (3. Dynastie), der schakalköpfige Totengott Anubis und der affenköpfige Nilgott Hapi dargestellt. Das Beiwort des lebenden Herolds ist nur hier belegt.[8] Auf dem rechten Pfosten sind in ähnlicher Weise Imhotep, der Gott Haroëris (eine Variante des Horus, die sein Alter und seine Mächtigkeit ausdrückt) und der Nilgott Hapi dargestellt. Den oberen Abschluss der Tür bilden die Darstellung der Flügelsonne und eine Hohlkehle mit einer Sonnendarstellung einschließlich zweier Uräen. An den Türlaibungen gibt es senkrechte Inschriftenzeilen, die Bezug zu Imhotep nehmen. Rechterhand der Tür wurde eine gewundene Schlange mit Doppelfederkrone zwischen Lotosblumen dargestellt.

Hinter der Tür befindet sich die etwa quadratische Kultkammer, deren Nordwestecke durchbrochen ist. Alle Wände der Kapelle wurden dekoriert, aber fast nicht beschriftet. Auf der rechten (südlichen) Eingangswand erkennt man die Göttin Hathor, die den jugendlichen Königssohn in Gestalt des Horus säugt, und rechts von ihr einen Gott mit Harpune und Doppelfederkrone. Auf der linken Eingangswand befindet sich eine vergleichbare Darstellung: neben der den Horus säugenden Hathor ist der Fruchtbarkeitsgott Min mit einer Geißel dargestellt. Die rechte und linke Seitenwand besitzen vergleichbare Darstellungen: der Kaiser opfert vor vier Göttern. Dies sind auf der rechten Wand Amun, der widderköpfige Schöpfergott Chnum, nochmals der Kaiser (?) und ein menschenköpfigen Gott, während auf der linken Wand der Kaiser, in der linken Hand einen Granatapfel haltend, im Beisein seines Tauben tragenden Sohns vor Sobek, dem König, dem widderköpfigen Chnum und dem schakalköpfigen Anubis opfert. Die Rückwand besitzt in ihrer Mitte eine Kultbildnische, links davon sind der Kaiser und Horus und rechts der Kaiser und der ibisköpfige Gott der Schreibkunst, Thot, erkennbar. Zu beiden Seiten dieser Kapelle befinden sich verstümmelte griechische Inschriften.

Griechisch-römische Siedlung

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Es ist nun nicht mehr möglich, weiter nach Süden zu laufen. Man kehrt um, bis man die Säulenhalle des Nero erreicht. Im Vorland der Tempel erkennt man die Überreste der griechisch-römischen Siedlung. Nun umrundet man den Hügel in Uhrzeigerichtung. Nach Umrunden des Vorderteils des Hügels erkennt man Gräber, die man auch in weiteren Teilen des Tales finden kann. Totenstelen belegen, dass sie aus griechisch-römischer Zeit stammen.

Nun gelangt man auf ein Plateau. Im Südosten des umrundeten Hügels erkennt man die Überreste einer großen griechisch-römischen Siedlung und weiter oben die Darstellung der Dioskuren (Zwillinge) 1 Castor und Pollux mit ihren Pferden und in ihrer Mitte die Mond- und Naturgöttin Diana (28° 10′ 51″ N 30° 46′ 33″ O). Die Göttin ist mit einem Halbmond dargestellt, während sich über den Dioskuren Sterne befinden.

Felsstelen und Felsengräber

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In südwestlicher Richtung überquert man das Plateau, an dessen Ende man von der Anhöhe herabsteigt, bis man zu einem recht breiten, nach Süden führenden Weg gelangt. Nach wenigen Metern erblickt man auf halber Felshöhe ein Relief und die Kartusche Ramses’ III.

Das etwa quadratische, 3,9 m breite 2 Relief Ramses’ III. (28° 10′ 43″ N 30° 46′ 32″ O) wurde auf einer nur grob geglätteten Felswand anlässlich seines Krönungsjubiläums angebracht. Vor dem nach links blickenden König steht der ihn anblickende krokodilköpfige Gott Sobek-Re, Herr von Anascha, und hinter ihm Amun-Re, Herr von Imen-maat-chent. Vor dem Kopf Ramses’ III. befinden sich zwei Kartuschen mit seinem Thronnamen User-ma'at-Re merj-Amun (Wsr-MꜢʿat-Rʿ mrj-Jmn, „Reich an Ma'at, ein Re, Geliebter des Amun“) und seinem Eigennamen Ramessu heqa-Junu (Rʿ-msj-sw ḥqꜢ-Jwnw, „Ramses, Herrscher von Heliopolis). Sobek-Re besitzt auf seinem Kopf eine Federkrone mit Sonnenscheibe. In seiner rechten Hand hält er einen Krummdolch, während sich unter seiner linken Hand das Krönungsjubiläumssymbol befindet. Sobek-Re spricht zu Ramses III.: „Ich gebe dir Stärke gegen deine Feinde, du bist in Frieden.“ Amun-Re mit seiner Doppelfederkrone, der seine rechte Hand auf die Schulter des Königs gelegt hat, spricht zu Ramses III.: „Ich beschütze dich hinter dir in Leben und Herrschaft.“ Die Ortsangaben Anascha und Imen-maat-chent sind nur lokale Namen und beziehen sich auf Ṭihnā el-Gebel. Etwa 9 m weiter südlich befindet sich noch eine 2,5 m hohe Kartusche Ramses’ III.

Es befindet sich nördlich von Ṭihnā el-Gebel in es-Sirīrīya ein vergleichbares Relief Ramses’ III., das ebenfalls auf sein Krönungsjubiläum Bezug nimmt. Jedoch gibt es in es-Sirīrīya keine weiteren Tempelbauten des Königs. Die hiesige Inschrift unterstreicht so die Bedeutung der Steinbrüche für seine Bauprojekte in Mittel- und Oberägypten. Könige vor oder nach ihm haben sich nicht in vergleichbarer Weise verewigt.

Man kehrt nun um und bleibt auf diesen Weg. Weiter nördlich erkennt man die große 3 Felsstele Ptolemaios’ V. Epiphanes (28° 10′ 49″ N 30° 46′ 31″ O). Es handelt sich hierbei um eine dreizeilige, 6 m breite und 3 m hohe Widmungsinschrift für diesen König. Dabei ist die erste Zeile höher als die folgenden. Rechts unterhalb der Inschrift erkennt man den Gott Osiris und links einen Gott oder Mann mit einem Stab in der Hand. Die Gestalt des Felsen unterhalb der Inschrift ist wohl bereits seit alters her so zerklüftet. Die Inschrift lautet:[9]

[1] Ὑπὲρ βασιλέως Πτολεμαίου,
[2] ϑεοῦ Ἐπιφανοῦς μεγάλου Εὐχαρίστου,
[3] Ἄκωρις Ἑρ[γ]έως Ἴσιδι Μωχιάδι Σωτείραι.

[1] Für den König Ptolemaios,
[2] der Gott Epiphanes („der Erschienene“), der große Eucharistos („der Dankbare“),
[3] Akoris Ergeus, Isis Mochias, die Retterin.

Die letzte Zeile nennt den hiesigen Ort Akoris.

Wenn man sich weiter nach Norden begibt, so findet man etwas oberhalb des Weges 4 zwei nebeneinander liegende Felsengräber (28° 10′ 53″ N 30° 46′ 30″ O), die sich aufgrund fehlender Inschriften zeitlich nicht einordnen lassen. Sie stammen wohl aus dem Neuen Reich oder späterer Zeit. Das südlichere der beiden Gräber verfügt über einen Eingang mit geglätteten Pfosten und einer Hohlkehle über dem Sturz. Dahinter befinden sich drei etwa 3 m hohe Kammern. Die erste ist 4 × 4 m groß, die folgende schmalere 3 × 4 m und die letzte 2,5 m breit und 3 m tief. Der letzte Durchgang besitzt auf den Pfosten und dem Sturz Dekorationsreste aus der Zeit der Errichtung des Grabes. Interessant sind die Darstellungen, die nachträglich in islamischer Zeit eingeritzt wurden. In der ersten Kammer erblickt man die naive Darstellung von Männern und ihren Kamelen, die im Kalkstein weiß hervorstechen. In der zweiten Kammer sind noch weitere Männer dargestellt. Das nördlichere der beiden Gräber besitzt noch auf seinen Eingangspfosten Darstellungsreste. Die dahinter liegende, undekorierte Grabkammer ist etwa 7 m breit, 4,5 m lang und besitzt zwei quadratische, 1 m breite Pfeiler mit dahinter liegendem Grabschacht und eine flache Nische im sich anschließenden Gang.

Nach wenigen Fußminuten erreicht man wieder den Aufweg zur Säulenhalle des Nero.

Griechische Totenkapelle

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Zu Fuß oder mit dem eigenen Fahrzeug sollte man noch an den Nordhang des Tales gehen bzw. fahren. Nordöstlich des christlichen Friedhofs und ca. 150 m nordöstlich der Kirche befindet sich eine 5 griechische Totenkapelle (28° 11′ 20″ N 30° 46′ 34″ O), früher auch „Römischer Tempel A“ genannt. Die Kapelle ist zwar schon seit langem bekannt, wurde aber 1969 und 1971 nochmals unter Leitung der finnischen Ägyptologen Holthoer und Ahlqvist einer umfassenden Untersuchung unterzogen, wobei ihr tatsächlicher Zweck und die ungefähre Entstehungszeit bestimmt werden konnten. Sowohl Parallelen zu Gräbern in Tūna el-Gebel, als auch die Verwendung von Szenen, die nur im Zusammenhang mit dem Totendienst genutzt werden, belegen ihren Zweck als Totenkapelle.

Die Kapelle ist als sogenannter Hemispeos, also eines Tempels, der sich nur teilweise im Felsen befindet, errichtet worden. Eine etwa 5 m lange, 2,1 m breite, mindestens 15 Stufen zählende Treppe mit Seitenrampen führt von Süden her zum 6,7 m breiten und 5,2 m langen Vorhof. Die zu beiden Seiten errichteten Mauern stammen teilweise noch aus dem anstehenden Fels. In der Südwestecke des Vorhofes befindet sich ein etwa quadratischer, 1 m breiter Grabschacht. Die Nordseite des Hofes wird von der etwa 7 m hohen Fassade der Kapelle in Form eines Pylons eingenommen. Der obere Abschluss wird durch eine Hohlkehle und einen Uräenfries gebildet. Von der ursprünglich symmetrischen Fassade fehlt heute die westliche (linke) Eingangswand. Die etwa 90 cm breite Tür besaß zu beiden Seiten eine Halbsäule, von denen aus in etwa 1,5 m Höhe eine Hohlkehle um den Vorhof entlang verlief.

Durch die Tür gelangt man die dekorierte, aber inschriftenlose 6,7 m breite, 3,5 m lange, 3,2 m hohe und heutzutage mit Müll ausgefüllte Vorhalle. Die Wände wurden grob behauen und mit Gipsstuck geglättet, der aber mittlerweile von den Wänden abgefallen ist.

Die Dekoration der Vorhalle bestand aus zwei, von der Tür zur hinteren Halle ausgehenden Götterprozessionen mit wohl je 14 Gottheiten, die das Grab verlassen. Auf der östlichen Eingangswand erkennt man fünf Götter: dies sind von rechts ein widderköpfiger Gott, ein unbekannter Gott, zwei weitere widderköpfige Götter und die Göttin Mut. Letztere gehört wohl zur memphitischen Göttertriade, deren Mitglieder, der Sonnengott Nefertum und der Schöpfergott Ptah, auf der Ostwand zu finden sind. Wenn es sich bei der unbekannten Gottheit ebenfalls um einen widderköpfigen Gott handelte, so könnte man hinter diesen vier Göttern die vier Seelen von Esna vermuten. Ihre Aufgabe wäre es, den Verstorbenen bei seinem Übergang ins Jenseits zu unterstützen.

An der Ostwand folgen die Götter (von rechts) Nefertum, Ptah und Re-Atum, weiterhin der Totengott Anubis-Upuaut in einem vorstehenden Schrein und dahinter der Ur- und Schöpfergott Tatenen. An der östlichen Nordwand folgen von rechts der Luftgott Schu mit einer Feder auf dem Kopf, der Kriegs- und Jagdgott Onuris mit seiner Krone, ein unbekannter Gott mit Atef-Krone und Amun mit seiner Doppelfederkrone.

Die Darstellungen an der westliche Eingangswand fehlen heute. Auf der Westwand erkennt man von links den stark zerstörten Mondgott Chons, die Kriegs- und Jagdgöttin Neith mit der Roten Krone, eine löwenköpfige Göttin (vielleicht Sachmet) und die Totengöttin Nephthys. Ihr folgt Osiris in einem vorstehenden Schrein und Isis (und sicher nicht wie vielfach angegeben Hathor). Auf dem Westteil der Nordwand wurden von links der Schreibergott Thot, der krokodilköpfige Sobek und der falkenköpfige Horus mit Speer dargestellt.

Die 2,2 m hohe Tür zur hinteren Halle wird von 50 cm breiten Pfosten eingenommen, die aber nur noch teilweise erhalten sind. Dargestellt wurde auf ihnen in drei übereinander liegenden Bildfeldern wohl der König mit verschiedenen Kronen. Die obere Darstellung auf dem linken Pfosten zeigt ihn mit einer Atef-Krone. Auf dem Sturz erkennt man eine Barkendarstellung. Dies ist wohl die Sonnenbarke, deren Bug und Heck in einer Lotosblume auslaufen. Links vor dem Schiff befindet sich ein kniender, zwei Kugelgefäße und eine Vase opfernder Mann. Vielleicht gab es auf der anderen Seite eine vergleichbare Darstellung. Hinter dem Bug erkennt man drei hockende Götter, einer mit einer Atefkrone, ein menschenköpfiger und ein falkenköpfiger. Dahinter folgt die Hauptgottheit, von der man nur noch die Dreifach-Hemhemet-Krone erblickt. Man ist geneigt, darin den widderköpfigen Sonnengott zu erblicken, aber es fehlt ja sein gesamter Körper, so dass die Bestimmung nicht sicher ist. Am Heck der Barke befindet sich der Kriegsgott Month mit Sonnenscheibe.

Die Tür führt zur 4,5 m breiten, 3,2 m langen und 2,5 m hohen, im Vergleich zur vorderen Halle erhöhten, aber undekorierten hinteren Halle. Auf der Ostseite befindet sich eine unregelmäßige Seitenkammer und in der Nordostecke ein Grabschacht. Die Kammer wurde zudem in der Neuzeit für die Deponierung von Särgen benutzt.

Die Nische auf der Ostwand der vorderen Halle deutet an, dass die Kapelle in christlicher Zeit als Kirche genutzt wurde. Außerhalb der Kapelle befinden sich im Fels auch mehrere koptische Gräber.

Küche

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Restaurants gibt es im nahe gelegenen el-Minyā.

Unterkunft

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Unterkunftsmöglichkeiten bestehen im nahe gelegenen el-Minyā.

Ausflüge

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Der Besuch von Ṭihnā el-Gebel lässt sich mit dem Besuch des Klosters Deir el-ʿAdhrāʾ und der Fraser-Gräber verbinden.

Literatur

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Die Denkmäler werden in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben:

  • Kessler, Dieter: Historische Topographie der Region zwischen Mallawi und Samaluṭ. Wiesbaden: Reichert, 1981, ISBN 978-3-88226-078-6, S. 253–290.
  • Habachi, Labib: Three Large Rock-Stelae Carved by Ramesses III near Quarries. In: The Journal of the American Research Center in Egypt, ISSN 0065-9991, Bd. 11 (1974), S. 69–75, insbesondere S. 71–73, Tafeln 7 und 10, doi:10.2307/40000775 (in Englisch).
  • Holthoer, Rostislav ; Ahlquist, Richard: The “Roman Temple” at Tehna el-Gebel. Helsinki, 1974, Studia Orientalia Edidit Societas Orientalis Fennica ; 43,7, ISBN 978-951-95073-7-8 (in Englisch).
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  • Akoris Archive, japanische archäologische Mission inklusive Downloadmöglichkeit ihrer Veröffentlichungen

Einzelnachweise

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  1. Einwohnerzahlen nach dem ägyptischen Zensus von 2006. Central Agency for Public Mobilization and Statistics, abgerufen am 7. November 2014.
  2. Klemm, Rosemarie ; Klemm, Dietrich D.: Steine und Steinbrüche im alten Ägypten. Berlin [u.a.]: Springer, 1993, ISBN 978-3-540-54685-6, S. 88–91.
  3. Description de l’Égypte, Texte, Band IV, S. 372–377; Antiquités, Band IV, Tafeln 67.14–67.20.
  4. Lepsius, Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, Text Band II, S. 50–54; Tafeln Abth. 6, Band XII, Tafeln 75.15-75.23.
  5. Kamal, Ahmed: Fouilles à Tehneh. In: Annales du Service des Antiquités de l’Égypte, ISSN 1687-1510, Bd. 4 (1903), S. 232–241.
  6. Lefebvre, Gustave ; Barry, L.: Rapport sur les fouilles exécutées à Tehnéh en 1903–1904. In: Annales du Service des Antiquités de l’Égypte, ISSN 1687-1510, Bd. 6 (1905), S. 141–158, 2 Tafeln.
  7. Paleological Association of Japan / Egyptian Committee: Akoris : report of the excavations at Akoris in Middle Egypt; 1981–1992. Kyoto: Koyo Shobo, 1995, ISBN 978-4-7710-0755-0.
  8. Wildung, Dietrich: Imhotep und Amenhotep : Gottwerdung im alten Ägypten. München, Berlin: Deutscher Kunstverl., 1977, Münchner ägyptologische Studien ; 36, ISBN 978-3-422-00829-8, S. 135 f., Tafel XXI.
  9. Dittenberger, Wilhelm: Orientis graeci inscriptiones selectae : supplementum sylloges inscriptionum graecarum; Bd. 1. Leipzig: Hirzel, 1903, S. 169 f., Nr. 94.
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