Angkor Archäologischer Park/Khleangs

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Nördlicher Kleang

Die Khleang (Khmer: ឃ្លាំង) sind Zwillingsbauten in Angkor Thom. Der nördliche und der südliche Khleang stehen unmittelbar östlich der Turmreihe Prasat Suor Prat und blicken westlich auf den Königspalast von Angkor Thom. Die frühere Funktion der Khleang ist nicht geklärt.

Geschichte[Bearbeiten]

Der nördliche Khleang wurde zwischen Ende des 10. und Anfang des 11. Jahrhunderts im Khmerreich erbaut, womöglich im ersten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts unter der Herrschaft von Jayaviravarman.[1] Der kleinere, südliche Khleang entstand kurze Zeit später als der nördliche Khleang und blieb unvollendet.[2] Nach Freeman und Jacques (2003) wurde der südliche Khleang während der Herrschaft des buddhistischen Suryavarman I. erbaut, der sich in Thronfolgestreitigkeiten im ersten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts gegen Jayaviravarman durchsetzen konnte und bis 1050 König des Khmerreichs war.[3] Der französische Archäologe Maurice Glaize, der im Auftrag der École française d’Extrême-Orient (EFEO) Mitte des 20. Jahrhunderts Angkor erforschte und die Bauwerke konservierte, gibt in Les monuments du groupe d’Angkor Jayavarman V., der von 968 bis 1001 regierte, oder Suryavarman I. als mögliche Bauherren an.[2] Dieser Einschätzung folgt Rooney (2011).[4]

Von der Gestaltung her sind sie der Phase zwischen Pre Rup und Baphuon-Stil einzuordnen. Ihre Verzierungen deuten auf eine Zeit kurz nach Banteay Srei hin. Beim nördlichen Khleang wurden zwei Inschriften gefunden, die aus der Herrschaftsperiode Suryavarman I. (1006/10–1050) stammen. Im südlichen Khleang wurden zwei Inschriften gefunden, die den Schwur der Arbeiter wörtlich wiederholen, der auch 1011 an den Türpfosten der östlichen Gopuram des Königspalastes von Angkor Thom eingraviert wurde.[2]

Obwohl der moderne Name Khleang übersetzt „Tempel der Lagerhäuser“ oder „Tempel der Schatzkammer“ bedeutet,[3] kann eine derartige Funktion sicher ausgeschlossen werden.[1] Ihr Zweck wird bis heute diskutiert, unter anderem besteht die Annahme, sie könnten als Empfangshallen für auswärtige Würdenträger gedient haben.[4] Wie die meisten anderen Bauwerke Angkors wurden die Zwillingstürme von tropischer Vegetation überwuchert, nachdem sich im 15. Jahrhundert das Zentrum des Khmer-Reiches nach Phnom Penh im Süden verlagerte und Angkor seine frühere Bedeutung verlor. Die Khleang wurden 1908 von Jean Commaille und von 1919 bis 1920 von Henri Marchal für die EFEO vom Überwuchs befreit.[2]

Architektur[Bearbeiten]

Übersichtsplan von Angkor Thom mit nördlichem und südlichem Khleang

Die Khleang liegen nördlich und südlich parallel zur Siegesallee, welche zum Königspalast von Angkor Thom führt. Zwischen den Khleang und der Siegesallee liegt jeweils ein 90 × 48 m großer Teich. Die Khleang sind auf den ersten Blick von ähnlicher, nämlich rechteckiger und länglicher Erscheinungsform und als Galeriehallen von großen Säulenfenstern belichtet. Östlich und westlich sind ihnen zentral kreuzförmige Vestibüle vorgelagert. Beide verfügten über einen Innenhof, bei dem im nördlichen Khleang ein Prasat als zentrales Heiligtum erhalten ist. An die zentralen Galeriehallen schließen sich jeweils nördlich und südlich auf niedrigerer Ebene Annexe an.

Der unvollendet gebliebene südliche Khleang hat eine Breite von 4,2 m und ist 45 m lang. Er besitzt 0,9 m dicke Wände aus Sandstein, die an der Basis und am Gesims dekoriert sind. An den beiden Hauptseiten, also nach Westen und Osten, befinden sich große rechteckige Fenster mit sieben Geländersäulen. Der östliche und westliche Portikus hat vier Fenster, deren hölzerne Giebel nicht mehr erhalten sind. Die Galerie des südlichen Khleang ist über 45 m lang. Einzige Dekoration ist ein Fries unter dem Gesims. Die auf niedrigerer Ebene an die zentrale Galeriehalle stoßenden Kammern schließen mit einem Scheinportal nach außen ab und haben ein Fenster nach Westen. Nach Osten führte eine schmale Tür zu weiteren Galerien, darunter zwei weitere, die in nordsüdlicher Richtung verliefen. Diese vier aus leichterem Material gebauten Galerien sind nicht mehr erhalten. Insgesamt umschlossen die Galerien einen zweigeteilten Innenhof von 50 × 30 m.[2] Die östliche Tür des südlichen Anbaus ist von eleganten Säulen flankiert.[5]

Der nördliche Khleang besitzt vor dem Zentralbau eine kreuzförmige Terrasse späteren Datums, die auf aufgeschüttetem Untergrund steht. Ihre Balustrade hat die Form von Nagas. Insgesamt ist der nördliche, 60 m lange und 4,7 m breite Khleang von imposanterer Erscheinung als der südliche und akkurater gearbeitet. Die gesamte Oberfläche der Plinthe ist mit klassischen Reliefskulpturen gegeneinander versetzten Diamantenmotiven und einem zentralen Band von Girlanden verziert, die für die Khmer-Architektur als besonders fein gestaltet gelten. Der Vorbau ist von quadratischer Grundform und hat vier Fensteröffnungen. Die Säulen des nördlichen Khleang verfügen über vier große Bänder, was für eine ältere Datierung als beim südlichen Khleang spricht. Da sie über vier Bänder weniger verfügen als die Säulen des südlichen Khleang sind sie robuster, während die Vorderseite und der Türsturz mit dem Kopf Kalas inmitten bewachsener Schnörkel Charakteristiken des 10. bis 11. Jahrhunderts zeigt. Die östlichen und westlichen Türstürze der zentralen Halle sind mit Blumenvoluten verziert. Die Mauern sind mit 1,5 m dicker als die des südlichen Khleang und unterstützten im schmucklosen Inneren wahrscheinlich ein Scheinstockwerk, welches aufgrund der damaligen Praxis, das Steinwerk über der Tür- und Fensterleibung mit doppelten Balken zu stützen, eingestürzt ist. Zur Verblendung wurde Sandstein benutzt während das Grundskelett aus Laterit ist. Im zentralen Teil der langen Galerie wurde in späterer Zeit das geflieste Dach durch ein Gemäuer durchbrochen, das einen Turm bildete, welcher zum großen Teil eingestürzt ist. Die Grundfläche dieses Zentrums ist quadratisch mit 4,5 m Seitenlänge, während die beidseitig sich anschließenden Galerien 18,7 m lang und 4,7 m breit sind und in je einer Halle enden, von der zwei Türen nach Osten führen. In der Galerie wurden zwei bronzene Statuetten gefunden, die Vishnu und Lokeshvara darstellen. Im Osten befinden sich gleich dem südlichen Khleang Galerien, die den Innenhof umfassen. Hier war es möglich, Teile der äußeren Mauer mit Gesims und langen horizontalen Fensteröffnungen wiederherzustellen. Im Zentrum des Innenhofs liegt ein kleineres, kreuzförmiges Heiligtum in Form eines Prasat, das sich dem Stil Angkor Wats annähert. Es steht auf einer geformten Basis, deren Hauptebene erhalten ist. Diese war in Leichtbauweise mit den Galerien in alle vier Himmelsrichtungen verbunden und bildete so eine Kreuzform. Die Kammer des zentralen Heiligtums ist 2 × 2 m groß und hat in jede Richtung eine Türöffnung.[6][7] Im Osten schließt der Innenhof mit einem Gopuram ab. Dieser öffnet sich zu einem weiteren Innenhof, der von einer Lateritmauer gebildet wird. In ihm liegen zwei Bibliotheken mit je einer Türöffnung nach Osten.[5] Zweck und Funktion der für die Architektur der Khmer typischen Bibliotheken, welche am rechteckigen Grundriss, dicken Mauern, einem einzigen Portal und Schießscharten zur Belichtung zu erkennen sind, ist bisher unbekannt.[8] In der Mitte dieses zweiten Innenhofs liegt ein kleines Heiligtum in Form eines griechischen Kreuzes. Es steht auf einer umfangreich verzierten Plattform, hat drei Scheintüren, axiale Treppen und weist Medaillons mit Tänzern auf.[5]

Der unverwechselbare Baustil der Khleang, der sich innerhalb Angkors bei den Tempeln Ta Keo[3][9] und Phimeanakas, dem zentralen Tempel des Königspalastes von Angkor Thom, wiederfindet und außerhalb unter anderem in Phnom Chisor und Preah Khan, führte dazu, für die Zeit von 1010 bis 1050 vom Khleang-Stil zu sprechen. Typische Elemente sind äußere Galerien mit Gopurams in Kreuzform und viergeteilten Türsturzen mit Darstellungen von Kala, die Blumengirlanden in Händen hält, und Statuen, welche ein mildes Lächeln zeigen und geflochtene Haare haben.[10]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 Marilia Albanese ; Wolfgang Hensel [Übers.] ; National Geographic Society (Hrsg.): Angkor. Hamburg: G+J/RBA GmbH & CoKG, 2006, National Geographic Art Guide, ISBN 9783937606774, S. 243.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Maurice Glaize: Les Monuments du groupe d’Angkor. Paris: Adrien-Maisonneuve, 1993 (4. Auflage), ISBN 272001091X, S. 123 der englischen Übersetzung (PDF, 8 MB) von Nils Tremmel bei Angkor guide, abgerufen am 18. August 2012. Erstauflage: Portail, Saigon 1944
  3. 3,0 3,1 3,2 Michael Freeman, Claude Jacques: Ancient Angkor. Bangkok: River Books Ltd, 2003 (2. Auflage), ISBN 9748225275, S. 121. englisch
  4. 4,0 4,1 Dawn F. Rooney: Angkor ; Cambodia’s wondrous Khmer Temples. Hong Kong: Odyssey Books & Guides, 2011 (6. Auflage), ISBN 9789622178021, S. 357.
  5. 5,0 5,1 5,2 Marilia Albanese ; Wolfgang Hensel [Übers.] ; National Geographic Society (Hrsg.): Angkor. Hamburg: G+J/RBA GmbH & CoKG, 2006, National Geographic Art Guide, ISBN 9783937606774, S. 244.
  6. Maurice Glaize: Les Monuments du groupe d’Angkor. Paris: Adrien-Maisonneuve, 1993 (4. Auflage), ISBN 272001091X, S. 124 der englischen Übersetzung (PDF, 8 MB) von Nils Tremmel bei Angkor guide, abgerufen am 18. August 2012. Erstauflage: Portail, Saigon 1944
  7. Marilia Albanese ; Wolfgang Hensel [Übers.] ; National Geographic Society (Hrsg.): Angkor. Hamburg: G+J/RBA GmbH & CoKG, 2006, National Geographic Art Guide, ISBN 9783937606774, S. 243, 244.
  8. Marilia Albanese ; Wolfgang Hensel [Übers.] ; National Geographic Society (Hrsg.): Angkor. Hamburg: G+J/RBA GmbH & CoKG, 2006, National Geographic Art Guide, ISBN 9783937606774, S. 48.
  9. Dawn F. Rooney: Angkor ; Cambodia’s wondrous Khmer Temples. Hong Kong: Odyssey Books & Guides, 2011 (6. Auflage), ISBN 9789622178021, S. 149.
  10. Marilia Albanese ; Wolfgang Hensel [Übers.] ; National Geographic Society (Hrsg.): Angkor. Hamburg: G+J/RBA GmbH & CoKG, 2006, National Geographic Art Guide, ISBN 9783937606774, S. 29, 30.

Überblick[Bearbeiten]

Zeitperiode: Spätes 10. frühes 11. Jahrhundert Anreise:
Der Tempel liegt im Zentrum von Angkor Thom, ca. 300m nordöstlich des Bayon hinter den Sour Prat Türmen.
Nur für ganz Interessierte
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Besuchsdauer:
20
Baustil: Khleang
Regentschaft: Jayavirvarman (Nord)
Suryavarman I (Süd)
Besuchszeit:
ganztägig.
Religion: Hinduismus
Andere Anlagen dieser Periode:
  Phimeanakas · Ta Keo
  Preah Vihear (Teile) - Muang Tam (Thailand)

Galerie[Bearbeiten]

Nördlicher Abschluss des südlichen Khleang
Türgiebel im südlichen Khleang
Galeriehalle des nördlichen Khleang
Eingang zum kleinen Heiligtum im nördlichen Khleang
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