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Benutzer:Pizza Fiorentina/Veji

Aus Wikivoyage
Hintergrund
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Das antike Veji war eine bedeutende etrusktische Stadt ca. 15 km nordwestlich von Rom. Sie spielte im 5. Jh. v. Chr. diejenige Rolle, welche Karthago dreihundert Jahre später spielte: Sie stand laut Überlieferung Rom im Weg im Kampf um die Herrschaft und musste aus dem Weg geräumt werden. Dies hinterliess bedeutende Spuren in der römischen Identität, etwa dass auch zweifelhafte Mittel für den Erfolg erlaubt sind. Was ist von dieser Stadt heute noch sichtbar? Nicht viel. Anhand einer Beschreibung von George Dennis, dem Begründer der Etruskologie (neben Kaiser Claudius, dessen Werke über die Etrusker leider verschollen sind) aus dem Jahre 1848 suchen wir im Gelände. '

Die Geschichte vom kultivierten Veji, welches von den groben Römern zerstört worden ist, hat über Jahrhunderte Künstler inspiriert.


Anreise
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Von Rom St. Pietro geht eine S-Bahn nach La Storta. Von dort gibt es einen Bus nach Isola Farnese. Übernachten kann man im Hotel Tempio di Apollo zu günstigen Preisen (Isola Farnese, Piazza della Colonnetta, 8, 00123 Roma RM, Italy, +39 06 3089 0595).

Das antike Veji lag heute beim Weiler Isola Farnese, bei La Storta, einer der ersten Orte von Rom entlang der Via Cassia nach Nordwesten. Dennis bezeichnete die La Storta als erste Poststation nördlich von Rom. Alles Leben spielt sich an der Via Cassia ab, Kommerz, Kirche, Schule und Kneipe, gewohnt wird in der zweiten Reihe. Es gibt keine Ortskerne, da diese alte Römerstrasse, die ein Jahrhundert nach dem Fall von Veji (ab 241) von der römischen Familie der Cassier gebaut wurde und dazu diente, Etrurien zu unterwerfen, Schauplatz allen Treibens war und ist. Deshalb ist permanent Stau zwischen der Stadtautobahn und La Storta. Verschiedene Strassen münden hier ein.

Begründer der Etruskologie
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George Dennis (1814 - 1898) war ein englischer Reisender, Archäologe und Verwaltungsbeamter. Sein Buch „Cities and Cemeteries of Etruria“ aus dem Jahre 1848 trug wesentlich zur Erforschung der Etrusker bei und ist bis heute ein schön zu lesendes Buch. Es ist immer noch der ausführlichste Reiseführer nach dem antiken Veji, das den Ruinen vor Ort nachgeht wie andere Reiseführer den Monumenten von Rom. Eine online-Version finden Sie hier. Die Kollegin und ich zogen Dennis bei, um der faszinierenden Kultur der Etrusker und der Geschichte von Veji im Gelände nachzugehen.

Via Cassia
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Ein Unfall auf der Kreuzung von der Abfahrt auf der Römer Ringautobahn hält uns ziemlich lange auf. Die Strecke zwischen La Storta und Isola Farnese ist heutzutage stark überbaut. Die anderthalb Meilen, welche George Dennis zu Fuss oder zu Pferd vom 9. Meilenstein nach Isola Farnese ging, sind nicht mehr ein Feld. Es gibt noch den Meilenstein in La Storta bei der Abzweigung. Ob es der neunte ist, ist schwer auszumachen. Die Schrift ist sehr verwittert und er ist mit Plakaten überklebt. Häuser, Restaurants, Mauern und Hecken verstellen die Sicht auf Isola Farnese, das erst in Sicht kommt, wenn man mit dem Auto auf die Parkfläche einbiegt. Dann sieht man die Kirche, den Dorfplatz und die Burg gegenüber. Links dämmert das noch bestehende Hotel „Tempio di Apollo“, das allerdings einen jämmerlichen Eindruck macht. Das Restaurant ist längst geschlossen, ein Gebäudetrakt ungenutzt. Anscheinend ist hier eine Zwischenstation auf dem Pilgerweg nach Rom. Die Via Francigena wurde seit unserem letzten Besuch über das Plateau geführt, wo Veji lag, angeblich die Route, welche Kaiser Karl der Grosse mit den Franken nach Rom nahm.

Ausgangspunkt Isola Farnese
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Dennis schildert das Dorf Isola Farnese als zerfallen, die Burg als baufällig. Das ist heute nicht mehr der Fall. Bei einem früheren Besuch grüsste mich der Priester der Dorfkirche freundlich, heute fanden wir einen Fürbittgottesdienst in vollem Schwung. Eher nachlässig ausgeführt von einer Frauentruppe, die von einer schwarzen Witwe im Spitzenschleier geleitet wurde. Es steht noch La Colonna, eine Säule, angeblich von Veji, Zeitstellung unklar, und dient dazu, allzu vorwitzige Autofahrer vom runterschlittern auf eine breite Treppe abzuhalten. Rom ist präsent in Form eines Grabsteins von Lucius Munatius Felix. Er dient dazu, als Eckstein die Kirche zu stützen. Ein Munatier, verwandt mit Munatius Plancus, Überlebender vieler Regimewechsel und Gründer von Lyon und Basel? Das Internet produziert zu diesem Namen ein Oxford Papyrus, wo ein Präfekt dieses Namens in Arsinoe (Sinai, Aegypten) in einen Rechtsstreit über das Requirieren von Kamelen eines dortigen Soldaten verwickelt ist.

Man blickt über das Plateau, wo Veii gestanden ist. Die Ebene von Veji beschreibt Dennis als häuserlos, doch heute gibt es mehrere Höfe. Die Ebene selbst hat ungefähr die Form eines Dreiecks, das rund zwei Kilometer lang und einen breit ist. Immer noch steht hinter der Ebene ein Tumulus, der mit Pinien bestanden ist, eine Art bewaldeter Buckel. Zu weit weg, um ihn von Isola Farnese aus, wo Fahrmöglichkeiten enden, zu Fuss zu erreichen. Dann beschreibt Dennis die blaugrau hinter dem Land sich erhebende Kette des Apennin, zu seiner Zeit mit Schnee bedeckt, heute, im Juni 2017, dunkel im Dunst.

Fahrweg von Isola Farnese nach Veji, grosse Eiche

Anders als Dennis gehen wir auf eigene Faust los, ohne Furcht vor den Malaria-Mücken, welche einst die Menschen hier aufblähte oder auslaugte, wie Dennis beobachtete, als er seinem Führer folgte. Unterhalb der Burg von Isola Farnese führt eine einspurige Fahrstrasse einen Einschnitt in ein Tal hinunter. Ein Schild weist auf die antike Stadt hin. Danach beginnt rechts eine Weide, dessen Einfahrt eine riesige Eiche sichert. Die Strasse ebnet bald aus ins Tal. Ein Lorbeerstrauch am Strassenrand hinunter zur Mühle ist so hoch wie ein Baum, die Äste des Strauchs so dick wie Menschenkörper. Er zeugt von der Fruchtbarkeit der Gegend. Die Strasse läuft in einen weiten ebenen Parkplatz aus, der von einem ruinierten Gebäude begrenzt wird, der ehemaligen Mühle. Man hat den Eindruck, dass hier schon mehr los gewesen ist.

14 Kriege zwischen Rom und Veji
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Wie Dennis richtig bemerkte, lebt Veji nicht so sehr durch seine Monumente, sondern sozusagen durch die Seiten in den Geschichtsbüchern. Die Geschichte von der Eroberung der Stadt ist ja auch filmreif. Die Kurzversion ist, dass die Vejenter und Römer über hunderte von Jahren 14 Kriege miteinander ausfochten. Teilweise als Sagenzyklus teilweise als Überlieferung werden dramatische Episoden dieses Ringens überliefert, der Untergang der Fabier, die Vejenter in Rom, das Ränkespiel der Götter, der albaner Emissar und als Höhepunkt und Ende die Eroberung, Plünderung und Zerstörung der Stadt, die Versklavung der Einwohnenden.

Veji war in dieser Zeit Rom ebenbürtig, wenn nicht überlegen. Die Eroberung gelang nur durch List und Bestechung der Götter. Für den Aufstieg Roms in Italien war dies eine entscheidende Eroberung, wie die Zerstörung von Karthago für den Aufstieg zur Weltmacht. Sie kam durch zweifelhafte Mittel zustande.

Faszinierend ist, dass heute kaum mehr etwas zu sehen ist. Schon Dennis sagt: „Scharf muss der Suchende seine Augen auf jedes Detail im Gelände richten.“ Er empfieht, die Burg aufzusuchen (gemeint ist die Piazza dei Armi), den Ponte Sodo, das Columbarium und das bemalte Grab. Immerhin haben die Archäologen inzwischen mehr zutage gefördert. Zu Dennis Zeit kannte man noch nicht den heute immer weiter aufgegrabenen Portonaccio-Tempel des Apollo und seinen grossartigen Giebelfiguren. Diese Skulpturen sind heute in der Villa Giulia in Rom zu sehen.

Figuren aus Terrakotta auf dem Giebel des Portonaccio Apollo Tempels in Veji
Ruine der Mulina Antica, der alten Mühle bei Isola Farnese

Links geht ein Weg ab, dem Hügel entlang, angeschrieben ist das Hügelgrab „Tombe dei Anatri“, das Grab der Enten. Sie enthalten die ältesten realistischen bildlichen Darstellungen von Tieren in Europa. Das Grab ist nicht begehbar, ein Schild zeigt die eindrücklichen Illustrationen. Wir nehmen den Weg nicht. Der Pfad führt zu einer Brücke über den träge fliessenden Piorda, der vor der Mühle gestaut ist. Links liegt der breite Eingang zu einer Höhle. Rauschen dringt hervor. Wir steigen ein und kommen gebückt nach fünf Metern zu einer Stelle, wo ein Caniculus von rechts einmündet und reichlich Wasser hinabrauscht. Das ist keine Höhle, sondern vermutlich ein Überlauf, um das Wasserniveau im Mühlenteich zu begrenzen, damit der Parkplatz nicht überflutet wird. Das Alter ist unbestimmt.

Eine der künstlichen Höhlen siedlungsseitig im Valchetta Tal, nahe der Stelle La Scaletta. Evtl. eine von Dennis beschriebene Höhle, Columbarium?


Tunnel, welcher Hochwasser aus der Piorda aufnehmen kann

Dennis beschreibt, wie sein Führer ihn den gleichen Weg zum bewaldeten Tal hinunter führt, wo die alte Mühle liegt: „sehr pittoresk gelegen, wo Stadtklippen sich darüber türmen, und der Bach über einen Fall in eine tiefe Schlucht rauschend, die beschatted wird von Eichen. Von hier aus führt ein Pfad hinauf zur Stelle eines der antiken Stadttore. Nahe bei gibt es Mauerreste, die aus kleinen, rechteckigen Nenfro-Blöcken bestehen.“ Nenfro ist ein vulkanischer Fels, grauer Tuff mit einer kompakten aber festen Struktur, typisch für die Region um Viterbo, das 100 km weiter nördlich liegt.

Weg zum Portonaccio-Tempel, Aufstieg zum Plateau Maccia Grande
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Eine felsige Furt führt über den Bach Piordo, wohl eine natürliche Terasse, links geht es zum Restaurant „Antico Mulina“, deren Küche gut, aber schwankend ist. Ein Metall-Lauf- steg sorgt für eine Überquerung mit trockenen Schuhen. Das Restaurant ist durchaus empfehlenswert, legt man Wert darauf seine Spaghetti im Schatten der Geschichte der Stadtmauer von Veji zu verspeisen. Das Restaurant ist an die nackte ehemalige Stadtklippe gebaut und besteht aus Gastraum und Terrasse. Sind die gemauerten Teile an der Rückwand des Gastraums die von Dennis beobachteten Reste, fragt man sich, wenn man ihn durchquert, um zum Essen die Terrasse zu erreichen. Dort ist der Bach leider hinter einer dichten Lorbeerhecke nur hörbar. Mücken steigen vom Wasser auf und quälen die Speisenden, Frösche quaken. Unterhalb der Mühle stürtzt der Bach über die Furt in den Fosso Piordo.

Rechts gelangt man auf ein kleines Vorplateau. Auf das dortige Gelände des Portonaccio- Tempels kommt man nur am Consierge vorbei. Man sieht Mauern, aus diesen überall gleichförmigen etruskischen Quadern, von denen man den Eindruck hat, sie seien irgendwie genormt in einem alten Einheitsmass oder um sie mit einem uns unbekannten Gerät zu zweit tragen zu können. Auch Dennis fällt die Gleichförmigkeit der Blöcke auf. Seit unserem letzten Besuch sind die verwitterten Auskunftstafeln aufgebessert und erneuert worden. Weitere Flächen wurden frei gelegt.

Der Aufgang vom Tempelplateau zur Ebene ist unzweifelhaft künstlich, doch man hat Mühe, konkrete Bauten zu erkennen. Löcher wurden aus den Seitenfelsen ausgehauen, vielleicht als Einrastlöcher für Sperrbalken? Oben links ist ein Ausgrabungsgebiet, für das Publikum geschlossen und abgezäunt, noch nicht fertig untersucht. Es ist jedoch auf Google Earth sichtbar.

Hochplateau Maccia Grande, Blick nach Osten, wo früher die Stadt Veji stand


Erste Spuren im Gelände
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Rätselhaft steht eine bauchige Zehnliterflasche mit einer welken Blume drin. Wir wenden uns im ersten Eifer nach rechts auf eine äusserst trockenes Feld, in dessen Mittelpunkt eine riesige Eiche steht und begehrten Schatten spendet. Die Horizontale ist kahl, die Hänge bewaldet. Wir finden nichts als Müll, der malerisch umher liegt, offensichtlich Reste früherer Parties mit Plastikgeschirr. Lockt der Genius Loci der festfreudigen Etrusker? Ein Parkservice Toyota Pickup nutzt den Schatten einer Hecke zum Parkieren. Die Mittagssonne brennt auf die Hüte.

Der Weg führt rechts eine Runse hinunter, die vom Plateau am Waldrand entlang abgeht. Riesige Hollunderbüsche bilden ein Dach. Kurz darauf führt der Weg in den Wald am Pla- teaurand. Nach einer Weile finden wir links drei Grabkammern. Wir sehen rechts hinun- ter ins Tal, die Wände des Plateaus bilden Klippen. Dennis beschreibt dahinter eine tiefe, hügelige Ebene, überwuchert mit Vegetation, wo Dornen und Zweige die Unterschen- kel stark in Mitleidenschaft zogen und die „für das weibliche Geschlecht das Durchkom- men verunmöglichen, ausser zu Pferd“. Die Kollegin stimmt zu. Der Führer wies auf ein antikes Theater hin, Dennis glaubte, es sei bloss ein römisches Grab. Heute gibt es eine Stelle „Opera dei Veienti“ und einen Zeitungsbericht aus dem Jahre 1913, der das Auffinden des Vejenter Theaters beschreibt. Die Stelle liegt auf Privatgelände und ist nicht erreichbar. Wir gehen zurück.

Piazza dei Armi, der Hochburg von Veji. Eventuell eine Toranlage?
Auf der Hochburg (Piazza dei Armi)
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Am nächsten Tag wird frühmorgens eine Schafherde von Isola Farnese hinunter getrieben und wir müssen im Auto warten. Schliesslich erreichen wir den Fluss unterhalb der ehemaligen Hochburg von Veji, heute Piazza dei Armi. Nahe des Baches gibt es dort auch heute noch ein Stück Römerstrasse, einige dieser typischen römischen Basaltblöcke, welche gerne für den Strassenbau verwendet wurden, die Via Veientana. Diese führte in einem weiten Bogen um die Hochburg „Piazza dei Armi“ herum und zum Hals zwischen Stadt- und Hochburgfläche.

Etruskische Mauerreste auf der Piazza dei Armi

Der heutige Pfad dort hinauf liegt eindeutig auf einem Weg, der bequem einem Wagen Platz geboten hätte, wäre er nicht zugewuchert. Dennis beobachtet an der Stelle, wo die Veientana in den Hals mündet, einige Basaltblöcke. Diese sind verschwunden, dafür kann man einige Meter der antiken Stadtmauer bewundern, die anscheinend kürzlich bei archäologischen Ausgrabungen freigelegt wurden. Die Deckplanen sind zerfetzt. Auch diese Mauer ist in dieser typischen etruskischen Trockenblockbauweise erstellt und be- steht aus den bekannten Einheitsquadern. Ein gekehlter Sockelrand aus Marmor liegt herum. Wie kam der her und wozu diente der? In den Profilen, die ober- und unterhalb der Mauern gezogen wurden, entdecken wir Keramik. Brandhorizonte sehen wir nicht. Wurde die Stadt nicht wenigstens zum Teil geplündert und niedergebrannt?

Mauerzug, eventuell Reste der etruskischen Stadtmauer von Veji

Im 19. Jahrhundert schildert Dennis die Ebene Piazza d'Armi als verlassene waldhalfte Natur, wo kein Zeichen von Kultivierung das Auge traf, ausser ein Gebäude weit weg auf der gegenüber liegende Ebene. Heute trocknen dort Weizenfelder, ein morgentlicher Jogger mit nacktem Oberkörper nutzt den Waldsaum am Kliff als Schattenbahn. Die Archäologen waren hier. Suchten sie den hier vorhandenen Juno-Tempel, der grösste von Veji, noch grösser als der bereits stattliche Portionacci-Bau? Mauerreste stehen rechtwinklig zueinander, ein gemauertes Rund von ca. 10 Meter Durchmesser, wohl eine Zisterne, ist mehrere Meter tief ausgehoben. Hohe Disteln markieren den Ort des Aushubs, Zeichen, dass die Grabungen nicht lange her sein können.

Runde Mauerreste auf der Piazza dei Armi, eventuell eine ehemalige Zisterne

Dennis wechselt zum Anblick, der sich Camillus geboten haben mochte. Flammen stiegen aus der besiegten Stadt, Einwohner flohen über die Ebene, Opfer schrien im Todes- kampf, die Sieger brüllten und rafften. Beutegier trieb die Römer durch den angeblich gegrabenen Tunnel, einen Caniculus, zur Hochburg, Camillus selbst sicherte sich angeblich die schönen bronzenen Türen des Juno-Tempels. Sein Triumph in Rom später war so prunkvoll, dass er seither von den Römern gehasst wurde. Später trieben sie ihn ins Exil.

Die Geschichte mit dem Tunnel wirft viele Fragen auf. Angeblich gruben die Römer bis zum Allerheiligsten des Juno-Tempels, und als sie durchbrechen wollten, habe der König von Veji gerade geopfert, und der Priester rief beim Beschau der Leber, dass derjenige Veji habe, welcher das Opfer zu Ende bringe. Die Römer seien durch gebrochen und haben die Leber Camillus gebracht, der das Opfer beendete und damit sozusagen von den Göttern das Grüne Licht zur Eroberung von Veji erhalten habe.

Den Tunnel von Camillus, den er in den Junotempel graben liess, einen Caniculus, hatte Dennis nicht gefunden. Zurecht weist er auf den dichten Bewuchs der Plateauflanke hin. Beim Hinabgehen auf der Via Veientana, die im Gelände gut sichtbar ist, fallen einem Höhlungen hinter dem dichten Gedörn auf. Ich versuche eine mit dem Fotoblitz zu ergründen. Sie bleibt diffus. Bereits Livius und Plutarch zogen die Geschichte in Zweifel, danach Niebuhr. Dass Truppen während einer langjährigen Belagerung Tunnel ausheben, ist jedoch wahrscheinlich. Doch wo dieser sein könnte, lässt sich kaum mehr herausfinden. Grosse Flächen müssten gerodet und erforscht werden. Wir erreichen eine Stelle unterhalb der südlichsten Spitze des Plateaus der Hochburg und wenden uns weiter nach links entlang der Hangkante. Hier fliesst die Valchetta.

La Scaletta, das Treppchen
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Im Dickicht bleiben auch die von Dennis beschriebenen acht Treppenstufen „La Scaletta“, die zu einem Schlupftor zur Hochburg führten, wie er meinte. Kein Wunder, haben wir sie nicht gefunden. Wir haben auch nicht wochenlang das Gelände abgesucht wie Dennis. Diese Seite der Hochburg ist nicht zugänglich, da dichter Bewuchs einer verkommenen Pferdeweide das verhindert. Wir hätten im Fluss waten müssen. Der Fluss hat sich aber stellenweise tief in die Felsen eingegraben.

Eine schöne neue Metallbrücke kreuzt den Bach, einen Service für die Wandernden auf der Übernachtungen bringenden Via Francigena, die an der Brücke ausgeschildert ist. Auf der anderen Seite des Bachs treffen wir auf das Trassee einer wagenbreiten Strasse, dessen Verlauf noch gut im Gelände erkennbar ist und die das Flüsschen hinauf folgt. Sie hört irgendwo im Gebüsch auf, die Stelle ist von Pferdehufen aufgewühlt. Hier müsste irgendwo die Stelle „Bagni della Regina“ sein, auf der Karte als Brunnen eingezeichnet. Die Strasse geht als Pfad weiter, und wo er den Bach Valchetta kreuzt, nehmen wir an, ist die Stelle. Im wuchernden Gestrüpp ist jedoch keine Spur sichtbar. Baden kann man hier ungestört, das Wasser ist kühlend und der Ort wunderbar schattig und friedlich.

Die von Dennis beschriebenen Blöcke einer ehemaligen Brücke über den Bach Valchetta weiter oben finden wir auch nicht, in den Fels gehauene Widerlager markieren aber die Stelle. Die Brücke führte über den Bach zu einem Quertal, welches einen natürlichen Zu- gang zur Stadt darstellen würde. Auch hier müsste ein Tor gestanden haben.

Steiler Weg mit Mauerrest, eventuell La Scaletta
Der Ponte Sodo
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Den Ponte Sodo finden wir nicht, obwohl wir uns von der Brückenstelle hunderte von Metern den Fluss hinauf durch das Gestrüpp gekämpft haben. Die auf der Karte bezeichnete Stelle hätten wir passiert. Von Dennis am Hang beobachtete Blöcke, Teile der alten Stadtmauer, sehen wir trotz intensiver Suche nicht. Dennis schreibt auch von dieser Schwierigkeit: „Es wäre einfach, den Ponte Sodo zu passieren, ohne ihn zu sehen. Er wird Brücke genannt, ist aber eher eine Felsenmasse, die durchbohrt worden ist, um den Fluss passieren zu lassen. Siebzig Meter lang, sieben hoch, fünf breit. Er ist praktisch nur sichtbar von den Ufern des Baches aus. Dennis ist durch ihn hindurch gewatet und staunte ob den Baumstämmen, welche hoch oben hingen. Sie wiesen auf grosse Wassermassen hin. Wir kämpfen uns durch das Unterholz und waten den Fluss hoch, soweit das gegen die Strömung möglich ist. Offensichtlich am falschen Ort.

In den Felsen eingehauene Stufen, Ponte Sodo, Veji

Wir sind enttäuscht, stimmen aber mit Dennis darin überein, dass die Gegend einen unglaublichen Charme besitzt, auch ohne seine Geschichte. Die kühle, frische Luft, trotz der Hochsommermittagshitze, die Stille, das ausgezeichnete Wasser, kühle Felswände, die Schatten werfen. Viel wurde zur Erschliessung der Gegend getan seit unserem letzten Besuch vor drei Jahren. Viel ist aber auch verfallen. Einige Mauern sind verschwunden, Stellen von Dornen überwuchert. Die von Sir William Gell und Dennis beschriebenen hier gestandenen Doppeltürme finden wir nicht, auch nicht die geringsten Spuren, eine weitere Enttäuschung. Dennis sucht lange im Gelände nach meterlangen Blöcken, die Gell gesehen haben soll. Er findet sie nicht. Wir können seine Enttäuschung mitfühlen und finden erst recht nichts.

Allmähliches völliges Verschwinden
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Dennis gibt zu, dass die etruskischen Blöcke sich ausgezeichnet zum Bauen eigenen, man muss sie nur abholen, da sie nicht gemörtelt sind. So verschwindet viel zum Bau der Höfe in der Umgebung. Dies ist besonders sichtbar bei der Kreuzung beim Nordwest-Tor, die Dennis erreicht. „Vor 35 Jahren war der Belag dieser Strasse noch ganz; aber die Plünderungen der Landleute haben kaum mehr etwas übrig gelassen.“ Im Jahr 1813 muss die Strasse also noch bestanden haben. Wir sehen keine Reste mehr.

Während Dennis wieder hinunter geht zur Mühle, berechnet er den Umfang der Stadt – rund 7 Meilen oder etwa 10 Kilometer. Wir haben in zwei Tagen nur punktuelle Teile der Stadtmauer absuchen können. Dennoch steht ausser Frage, dass Veji im 5. Jahrhundert v. Chr. in der Grössenordnung von Athen oder Rom einzuschätzen ist, obwohl bloss ein Bruchteil der Plateaufläche überhaupt bebaut gewesen ist. Schon in der Antike war man erstaunt, dass nichts übrig blieb, wie Propertius um die Zeitenwende herum bedauert: „Veii, Du königliche Stadt, auf deinem Forum stand der goldene Thron! Heute hören deine Wände bloss das Horn des Hirten, und über Deine Asche wogt das sommerliche Korn.“

Nach der Eroberung der Stadt Veji durch Camillus im Jahre 396 v. Chr. wurden angeblich die Überlebenden in die Sklaverei verkauft. Die Stadt wurde gründlich geplündert und niedergebrannt. Trotz Verbots des Senats siedelten dort aber weiter einige Menschen. Erst in augusteischer Zeit legten die Römer dort wieder eine Kolonie an. Diese Ruinen sind im Gelände gut sichtbar.


Römische Strassenkreuzung auf dem Gelände der ehemaligen Stadt Veji