Kairo/Maṭarīya

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Spitze des Obelisken Sesostris’ I. in el-Maṭarīya
El-Maṭarīya · المطرية
GouvernementKairo
Einwohnerzahl590.982 (2006)
Höhe27 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Kairo/Maṭarīya

El-Matariya (auch el-Mataria, el-Matariyya, arabisch: ‏المطرية, al-Maṭarīya), einst ein eigenständiges Dorf, bildet heute einen Stadtteil im äußersten Nordosten von Kairo. Er befindet sich etwa an der Stelle der antiken Stadt Heliopolis.

Hintergrund[Bearbeiten]

Karte
Karte von el-Maṭarīya

Der heutige Stadtteil und die antike Siedlung befinden sich im Norden von Kairo, etwa 12 Kilometer nordöstlich vom heutigen Stadtzentrum. Die Ansiedelung liegt etwa 7 Kilometer östlich vom Nil. In der Antike war die Stadt über einen Kanal mit einem Nilhafen wohl südlich des heutigen Alt-Kairo verbunden.

In pharaonischer Zeit wurde die Stadt meist Iunu, Pfeiler(stadt), genannt. Im klassischen (biblischen) Hebräisch heißt sie און, ʼĀwen oder ʼÔn, und ebenso im Koptischen ⲱⲛ, On. Im Griechischen findet sich neben Ὂν, On, die Bezeichnung Ἡλιούπολις, Heliopolis bzw. Sonnenstadt, die sich unter anderem bei Herodot, Strabo und Diodorus findet.[1]

Das meiste über die Stadt kennen wir aus schriftlichen Überlieferungen wie zum Beispiel dem Papyrus Harris I und den Beschreibungen griechischer Geografen und arabischer Reisender. Archäologisch hat die Stadt noch längst nicht alle Geheimnisse preisgegeben. Das liegt sicher auch daran, dass mittlerweile weite Teile überbaut sind. Über die Größe der antiken Stadt lässt sich so nichts aussagen. Das religiöse Zentrum mit den Tempeln befand sich auf dem Tell Ḥiṣn (‏تل حصن, Tall Ḥiṣn) mit dem heute noch sichtbaren Obelisken Sesostris’ I, wo 1912 vom britischen Ägyptologen William Matthew Flinders Petrie (1853–1942) umfangreiche Grabungen durchgeführt wurden. Es folgten kleinere Grabungskampagnen. Seit 2006 wird das Gelände durch das Deutsche Archäologische Institut in Kairo unter Leitung von Dietrich Raue erneut untersucht.

Das Gebiet ist bereits seit prädynastischer Zeit besiedelt. 1950 wurde bei Bauarbeiten ein Friedhof aus dieser Zeit freigelegt. Die bis 1951 unter Fernand Debono durchgeführten Grabungen förderten über 100 Menschen- und zahlreiche Tierbestattungen (Ziegen, Hunde) zutage. Als Beigaben wurden Keramikgefäße, Feuersteinwerkzeuge und einige wenige Kupfer- und Steingefäße gefunden.[2]

Bereits im frühen Alten Reich besaß der Ort eine große religiöse Bedeutung als Kultort, die auch in der Folgezeit nur durch die Bedeutung von Memphis oder Theben übertroffen wurde, und war Hauptstadt des 13. unterägyptischen Gaus. Die meist verehrten Götter waren die Sonnengötter Atum und Re-Harachte, für die es eigenständige Tempel gab, die aber verwaltungstechnisch aufs Engste miteinander verbunden waren. Ort des Atumkults war des „Obeliskenhaus“ (Ḥut benben), in dem der pyramidenförmige benben-Stein als Gegenstand mit übernatürlichen Kräften verehrt wurde: er galt als Urhügel, aus dem der Gott Atum das Land betrat.

Aus dem Alten Reich sind ein fragmentarischer Schrein des Königs Djoser (3. Dynastie),[3] ein Obeliskenfragment von Teti II. (6. Dynastie) und mehrere Gräber von Hohepriestern aus der 6. Dynastie[4] belegt.

Das einzige Monument vor Ort ist der Obelisk Sesostris’ I. aus der 12. Dynastie (Mittleres Reich). Die Obelisken Thutmosis’ III. (18. Dynastie) in London (Thames Embankment) und New York (Central Park) stammen ebenfalls aus Heliopolis, Flinders Petrie fand zudem die Überreste eines dritten Obelisken. Eine Stele Thutmosis’ III. erwähnt eine Umfassungsmauer um einen Sonnentempel. Die erst 2006 gefundenen Inschriftenfragmente aus der Amarnazeit belegen den Fortbestand der Alten-Reichs-Tempel bis in die Amarnazeit.[5]

Unter Ramses II. wurden die Tempel nochmals ausgebaut. Aus ramessidischer Zeit stammen zahlreiche Gräber von Mnévis-Stieren, die im religiösen Leben eine große Rolle spielten.

In Spätzeit verlor sich jedoch die Bedeutung der Stadt. Weitere Grabfunde stammen im Wesentlichen aus der Saitenzeit (26. Dynastie) wie zum Beispiel das Grab des Gottesvaters Panehesi mit seinen reichhaltigen Inschriften.[6]

In persischer Zeit wurde Stadt zerstört. Touristen gleich kamen griechische Geografen wie Herodot und Strabo in die Stadt. In römischer Zeit wurden mehrere der Obelisken nach Alexandria und nach Rom gebracht. 1190 besuchte der arabische Reisende ʿAbd el-Laṭīf el-Baghdādī (1163–1231) den Ort und berichtete von der teilweise zerstörten Stadt und von noch stehenden Statuen. Der zweite Obelisk Sesostris’ I. war zu seiner Zeit schon umgestürzt. Im Mittelalter diente die Stätte wie andere ägyptische Orte im Umkreis von Kairo als Steinbruch.

Der Überlieferung nach war Heliopolis auch Station auf der Fluchtroute der hl. Familie in Ägypten.

Der heutige Stadtteil ist ein Wohnviertel Kairos mit ca. 600.000 Einwohnern.

Anreise[Bearbeiten]

Auf der Straße[Bearbeiten]

Der Stadtteil kann mit Auto, Taxi oder Bussen erreicht werden.

Mit der Metro[Bearbeiten]

Die Metrolinie 1 nach el-Marg durchquert den Stadtteil im Osten. Die Haltestelle ist 1 El-Matariya Logo der Kairoer Metro (30° 7′ 17″ N 31° 18′ 50″ O).

Mobilität[Bearbeiten]

Die wenigen Sehenswürdigkeiten kann man auch zu Fuß ergründen.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten]

Baum der Jungfrau Maria[Bearbeiten]

Gelände am Jungfrauenbaum
Jungfrauenbaum
Kapelle der Jungfrau Maria

Ca. 500 Meter westlich der Metrohaltestelle El-Matariya befindet sich der 1 Baum der Jungfrau Maria (‏شجرة العذراء مريم, ​Schaǧarat al-ʿAḏrāʾ Maryam) (30° 7′ 14″ N 31° 18′ 33″ O), von einer Mauer umgeben in der Hārat Mahmūd Manaṭāwī. Das Areal ist ein beliebter Pilgerort – und das schon seit dem Mittelalter. Der Eintritt kostet LE 100, für ausländische Studenten LE 50 (Stand 12/2023).

Im Pseudo-Matthäusevangelium und im koptischen und äthiopischen Synaxar (Martyrologium) wird berichtet, dass die hl. Familie hier in On ihre erste Stätte im Niltal erreichte. Das äthiopische Synaxar weiß über die Begebenheiten hier vor Ort einiges zu berichten. Die hl. Familie rastete hier in der Wüste. Jeses erhielt von Joseph dem Zimmermann einen Stock, den er in kleine Stücke zerbrach, die er in die Erde steckte. Daraufhin grub er eigenhändig einen Brunnen, mit dessen süßem Wasser er die Holzstücke bewässerte. Sie schlugen sofort Wurzeln, trieben aus, wuchsen und dufteten. Diese Bäume nannte man „Balsam“. Das Pseudo-Matthäusevangelium machte aus dem Balsam eine Palme. An anderer Stell liest man, dass Jesus dem Palmenbaum befahl, seine Zweige zu senken, auf dass sich Maria von seinen Früchten nähren konnte.

Erste Berichte von der Pilgerstätte, die von einer Gartenlandschaft umgeben war, gibt es vom deutschen Dominikanermönch Burchardt vom Berg Sion aus der Zeit zwischen 1285 und 1295, der im heiligen Brunnen badete, in den auch Maria ihren Sohn eintauchte, und Zweige des Balsam-Baumes mitnahm. Ludolf von Suchen, der die Stätte 1336 besuchte, berichtete in seinem Buch Iter ad terram sanctam, dass sich unter den christlichen Wächtern auch vier Deutsche befanden. Fast ein Jahrhundert später muss der Ansturm bereits so groß gewesen sein, dass nach Pero Tafur, der hier zwischen 1435 bis 1439 weilte, nur fünf Pilger gleichzeitig in den Balsam-Garten durften und es verboten war, Blätter oder Zeige vom Jungfrauenbaum abzubrechen und mitzunehmen. Der Dominikanermönch Felix Fabri besuchte die Stätte 1480 und beschrieb einen riesigen Feigenbaum, in dessen hohlem Stamm zwei Lampen hingen.

Den Baum gibt es nicht mehr, er ist im 17. Jahrhundert abgestorben. Die heutige Sykomore stammt aus dem Jahre 1672. Der Baum stürzte am 14. Juni 1906 um, aber aus einem Trieb dieses Baumes konnte der heutige wachsen.

In unmittelbarer Nähe des Baumes befindet sich eine Kapelle mit dem Bildnis der Jungfrau und ein heiliger Brunnen.

Kirche der heiligen Familie[Bearbeiten]

In der Nähe des Baums gab es schon seit frühesten Zeiten eine Kirche, von der aber nichts überliefert wurde, außer dass sie 1504 durch einen Neubau ersetzt wurde. Diese Kirche wurde im 17. Jahrhundert in eine Moschee umgewandelt, zu der Christen keinen Zutritt mehr hatten. Anfang des 18. Jahrhunderts fanden in dem Gebäude aber wieder Gottesdienste statt.

Ca. 100 Meter nordwestlich des Baumes befindet sich heute die an der Stelle einer Vorgängerkirche durch Jesuiten errichtete katholische 2 Kirche der heiligen Familie (‏كنيسة العائلة المقدسة, ​Kanīsat al-ʿĀʾila al-muqaddasa) (30° 7′ 17″ N 31° 18′ 30″ O), die am 6. Dezember 1904 geweiht wurde. Über dem Eingang findet sich dementsprechend die Inschrift „Sanctae Familiae in Aegyto Exsuli“.

Auf dem Hochaltar befindet sich eine Statue der heiligen Familie. Die Wandgemälde berichten von verschiedenen Stationen entlang ihrer Flucht. Auf der linken Wand befinden sich u.a. die Darstellungen des Kindermords in Betlehem, die Aufforderung eines Engels des Herrn, Judäa zu verlassen, und die Flucht der heiligen Familie nach Ägypten. In der Sakristei wird ein dicker Stock als Reliquie aufbewahrt. Ein Silberring trägt eine lateinische Inschrift, die besagt, dass dies ein Zweig des berühmten Baums des Gehorsams aus dem Wādī en-Naṭrūn ist.

Obelisk Sesostris’ I.[Bearbeiten]

Obelisk Sesostris’ I.
Spitze des Obelisken

Ca. 1 Kilometer nördlich des Jungfrauenbaums befindet sich der 3 Obelisk Sesostris’ I. (‏مسلة سونسرت الاول, ​Misallat Sinusrit al-Auwal) (30° 7′ 45″ N 31° 18′ 27″ O), in der El-Misalla St., die von der Taha Hussein St. abzweigt. Westlich des Obelisken befindet sich die archäologische Stätte Tell Ḥiṣn. Der Eintrittspreis beträgt LE 150, für Studenten LE 75 (Stand 12/2023).

Der Obelisk Sesostris’ I. gehörte einst zu einem Obeliskenpaar vor einem heute nur noch in geringen Resten vorhandenen Tempel des Sonnengotts Harachte aus dem 3. Regierungsjahr Sesostris’ I.[7] Der zweite Obelisk wurde um 1160 n. Chr. von Einheimischen vielleicht auf der Suche nach Schätzen umgestürzt.

Der heute noch erhaltene Obelisk aus Rosengranit besitzt ohne Sockel eine Höhe von 20,4 Metern und ein Gewicht von 121 Tonnen. Alle vier Seiten des Obelisken tragen dieselbe Inschrift, die unter anderem die fünf Königsnamen Sesostris’ I. enthält: „Horus ‚Lebend von der Schöpfung‘, König von Ober- und Unterägypten ‚Cheperkare‘, die Beiden Herrinnen ‚Lebend von der Schöpfung‘, Sohn des Re ‚Sesostris‘, geliebt von den Mächten von Heliopolis, lebend in Ewigkeit, Goldhorus ‚Lebend von der Schöpfung‘, der gute Gott ‚Cheperkare‘, beim ersten Mal des Jubiläums. Er tat es, um das Leben zu erhalten ewiglich.“[8] Thron- und der Eigenname sind in Kartuschen eingetragen. Die Inschrift nennt zugleich den Anlass der Errichtung der Obelisken: das erste Thronjubiläum des Königs, das üblicherweise im 30. Regierungsjahr stattfand.

Im Umkreis des Obelisken wurden weitere Funde aus Heliopolis aufgestellt.

Küche[Bearbeiten]

Restaurants gibt es in den zentrumsnahen Stadtteilen Kairos oder im Stadtteil Heliopolis.

Unterkunft[Bearbeiten]

Unterkünfte gibt es in den zentrumsnahen Stadtteilen Kairos oder im Stadtteil Heliopolis.

Ausflüge[Bearbeiten]

Der Besuch von el-Maṭarīya lässt sich mit dem Besuch der Kirche der hl. Jungfrau in Musṭurud, ca. 3 Kilometer westlich, verbinden.

Literatur[Bearbeiten]

  • Das antike Heliopolis
    • Petrie, W[illiam] M[atthew] Flinders ; Mackay, Ernest: Heliopolis, Kafr Ammar and Shurafa. London: British School of Archaeology in Egypt, 1915, British School of Archaeology in Egypt and Egyptian Research Account ; 24.
    • Porter, Bertha ; Moss, Rosalind L. B.: Lower and Middle Egypt : (Delta and Cairo to Asyûṭ). In: Topographical bibliography of ancient Egyptian hieroglyphic texts, statues, reliefs, and paintings; Bd. 4. Oxford: Griffith Inst., Ashmolean Museum, 1934, ISBN 978-0-900416-82-8, S. 59–65; PDF. Die Bibliografie listet die bis 1934 bekannten Funde von Tell Hisn.
    • Kákosy, Láslo: Heliopolis. In: Helck, Wolfgang ; Westendorf, Wolfhart (Hrsg.): Lexikon der Ägyptologie ; Bd. 2: Erntefest - Hordjedef. Wiesbaden: Harrassowitz, 1977, ISBN 978-3-447-01876-0, Sp. 1111–1113.
    • Habachi, Labib: Die unsterblichen Obelisken Ägyptens. Mainz: Zabern, 2000, Zaberns Bildbände zur Archäologie, ISBN 978-3-8053-2658-2, S. 31–33.
  • Hl. Familie in Ägypten
    • Meinardus, Otto F.A.: The Holy Family in Egypt. Cairo: The American University in Cairo Press, 2000 (6. Auflage), ISBN 978-977-424-129-1, S. 35–40.
    • Meinardus, Otto F. A.: Christian Egypt, ancient and modern. Cairo: American University in Cairo Press, 1977 (2. Auflage), ISBN 978-977-201-496-5, S. 333–335.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Herodot, II, 3, 7, 59; Strabo, XVII, 1, 27 (805) - 29 (806); Diodorus, I, 84.
  2. Debono, Fernand ; Mortensen, Bodil: The Predynastic Cemetery at Heliopolis : Season March - September 1950. Mainz: Zabern, 1988, Archäologische Veröffentlichungen / Deutsches Archäologisches Institut Abteilung Kairo ; 63.
  3. Smith, William Stevenson: A history of Egyptian sculpture and painting in the Old Kingdom. London: Oxford Univ. Pr., 1946, S. 133 ff.
  4. Daressy, Georges ; Barsanti, Alexandre: La nécropole des grands prêtres d’Héliopolis sous l’Ancien Empire. In: Annales du Service des Antiquités de l’Égypte (ASAE), ISSN 1687-1510, Bd. 16 (1916), S. 193–220.
  5. Raue, Dietrich: Heliopolis und das Haus des Re : eine Prosopographie und ein Toponym im Neuen Reich. Berlin: Achet-Verl., 1999, Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo / Ägyptologische Reihe ; 16.
  6. el-Sawi, Ahmad ; Gomaa, Farouk: Das Grab des Panehsi, Gottesvaters von Heliopolis in Matariya. Wiesbaden: Harrassowitz, 1993, Ägypten und Altes Testament ; 23.
  7. Plan und Zeitpunkt des Tempelbaus sind in der Berliner Lederrolle (P Berlin 3029) dokumentiert. Siehe: Buck, Adriaan de: The building inscription of the Berlin leather roll. In: Studia Aegyptiaca <Roma>, Bd. 1 (1938), S. 48–57.
  8. Habachi, L., Obelisken, a. a. O., S. 33.
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