Gebel es-Silsila

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Speos des Haremhab
Gebel es-Silsila · جبل السلسلة
GouvernementAssuan
Einwohnerzahl
Höhe166 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Gebel es-Silsila

Gebel es-Silsila (auch Gebel el-Silsila oder kurz Silsila (Silsilah, Silsileh), arabisch: ‏جبل السلسلة, Ǧabal as-Silsila, „der Kettenberg“), das antike Chenu („Ruderort“), ist der bedeutendste Sandstein-Steinbruch Ägyptens und eine archäologische Stätte auf beiden Ufern des Nils in Oberägypten im Gouvernement Assuan, etwa 145 bzw. 40 km südlich von Luxor bzw. Edfu und 20 bzw. 65 km nördlich von Kom Ombo bzw. Assuan entfernt. Der Nil schnürt sich hier auf eine Breite von weniger als 400 m ein, überragt von den anstehenden Sandsteinfelsen.

Hintergrund[Bearbeiten]

Geschichte[Bearbeiten]

Graffiti an den Sandsteinfelsen zu beiden Seiten des Nils und ein prädynastischer Friedhof auf dem Ostufer belegen die Besiedelung seit prähistorischer Zeit. Zeugnisse aus dem Alten Reich gibt es kaum. Das Gelände wurde zu allen Zeiten bis in heutiger Zeit als Steinbruch eingesetzt, der intensive Abbau setzt seit dem Mittleren und Neuen Reich ein.

Ursache ist die seit dem Mittleren Reich einsetzende Technologieänderung beim Tempelbau, nämlich anstelle Lehmziegelbauten mit Kalksteinverkleidung jetzt Sandsteinbauten zu errichten. Vom Tempel von Philae abgesehen, stammt das Baumaterial aller Tempel in Oberägypten aus diesem Steinbruch. Hierzu gehören sowohl die thebanischen Totentempel seit Mentuhotep II. als auch die Tempelbauten von Dendera, Karnak, Luxor, Esna, Edfu und Kom Ombo. Der Sandstein lässt sich hier leicht und in großen Mengen abbauen. Die Steinqualität ist sehr gut, noch bis zu 40 m hoch anstehende Wände zeigen an, dass es in diesen Lagen kaum Störungen gegeben hat.

Die Zusammensetzung des Sandsteins ist aber nicht einheitlich. Der Sandstein auf der Ostseite wird hauptsächlich mit Quarz gebunden, Feldspat kommt kaum vor. Für die Bindung des Sandsteins auf dem Westufer ist im stärkeren Maße Karbonatzement verantwortlich. Auf beiden Seiten gibt es hellere und dunklere Varietäten, die von unterschiedlichen Anteilen an bräunlichem Limonit (Brauneisenerz, Eisenhydroxid) bzw. Eisenkarbonat herrühren.

Die antike Stadt Chenu, die Siedlung der Bergbauarbeiter, befand sich auf dem Ostufer. Aus archäologischer Sicht gesehen weiß man von ihr aber nur wenig. Die bedeutendsten Monumente befinden sich auf dem Westufer, wer dagegen an der Ergründung der Bergbau- und Transporttechnologien interessiert ist, sollte sich auf die Ostseite begeben.

Bedeutung der Namen[Bearbeiten]

Sowohl die Bedeutung des antiken als auch des modernen Namens sind umstritten.

Neben der Übersetzung „Ruderort“ für Chenu gibt es auch die Bedeutung Grenze oder Barriere.

Die Bezeichnung „Gebel es-Silsila“ ist aus einer Verfremdung der alternativen altägyptischen Ortsbezeichnung Chol-Chol entstanden, die in römischer Zeit Sil-sil oder Silsili genannt wurde. Die hübsche und immer wieder erwähnte Story, wonach man ein Seil oder eine Kette über den Fluss gespannt habe, um den Schiffs- und Bootsverkehr zu behindern, verliert so ihre Grundlage.[1]

Anreise[Bearbeiten]

Mit dem Schiff[Bearbeiten]

Einige Reiseanbieter stoppen ihre Nilkreuzfahrt in Gebel es-Silsila.

Gebel es-Silsila kann auch Haltepunkt einer dreitägigen Felukenfahrt sein, die üblicherweise in Assuan startet und in Edfu endet.

Auf der Straße[Bearbeiten]

Die Anreise kann mit einem PKW aus Kom Ombo oder vom südlicher gelegenen Darau, aber auch aus Assuan kommend erfolgen. Ca. 10 km nördlich von Kom Ombo, nach einer Tankstelle, 1 verlässt (24° 34′ 51″ N 32° 56′ 59″ O) man die Straße in westlicher Richtung und steuert die 2 Fähren (24° 36′ 17″ N 32° 55′ 2″ O) zum Westufer nach Fāris (arabisch: ‏فارس) an. Es gibt hier sowohl eine Personen- als auch eine Autofähre. Die Autofähre startet zu jede geraden vollen Stunde auf der Ostseite bzw. zu jeder ungerade Stunde auf der Westseite, allerdings verkehrt sie nicht an Freitagen. Der Preis beträgt LE 1 (Stand 8/2006). Auf dem Westufer durchquert man Fāris, fährt zuerst nach Westen und umfährt dann in nördlicher Richtung das Steinbruchgebiet im Westen und erreicht zum Schluss den Eingang im Norden der archäologischen Stätte. Wenn Sie ein Taxi mieten, so geben Sie als Reiseziel deutlich den Tempel auf dem Westufer an, weil es im Bereich von Fāris auch ein Dorf namens es-Silsila auf dem Ostufer gibt.

Es gibt auch eine preiswertere Anreisemöglichkeit, die zudem an Freitagen funktioniert: Man fahre mit dem Minibus von der Minibushaltestelle nordwestlich des Bahnhofs von Kom Ombo zur Fähranlegestelle bei Fāris, der Fahrpreis beträgt LE 1. Der 3 Busbahnhof in Kom Ombo (24° 28′ 45″ N 32° 56′ 47″ O) befindet sich westlich der Bahngleise unter einer Straßenunterführung. Die Nil-Überquerung kann mit der jeden Tag verkehrenden Personenfähre erfolgen, ihr Fahrpreis beträgt 50 Piaster. Nun erfolgt die Weiterfahrt mit einem Taxi oder Pickup auf dem Westufer, der Preis ist Verhandlungssache – LE 50 bis 100, je nach Aufenthaltsdauer und Vorhaben.

Es gibt zwar auch eine Fähre in Darau westlich des Tiermarktes, die in kürzeren Zeitabständen als die Fāris-Fähre verkehrt. Allerdings war die Straße auf dem Westufer zwischen Darau und Faris 2006 noch im Bau.

Es ist auch möglich, von Edfu aus anzureisen. Die Anreise erfolgt hier auf dem Westufer.

Es ist nicht bekannt, ob sich die Steinbrüche auf dem Ostufer von Osten her kommend erreichen lassen.

Flussüberquerung[Bearbeiten]

Für die Besichtigung des Ostufers benötigt man normalerweise eine Genehmigung der Obersten Antikenbehörde in Kairo. Am Westufer nahe dem Eingang zur archäologischen Stätte gibt es aber gelegentlich Motorboote, mit denen man sich auf das Ostufer übersetzten lassen kann. Der Preis beträgt ca. LE 30 für Hin- und Rückfahrt. In Begleitung der hiesigen, meist zwei Wächter lässt sich hin und wieder auch das Ostufer ohne Genehmigung ergründen. Über ein Bakschisch von LE 20 (für jeden) freut man sich sehr.

Mobilität[Bearbeiten]

Das Gelände der Steinbrüche muss man zu Fuß ergründen.

Sehenswürdigkeiten[Bearbeiten]

Die wichtigen Sehenswürdigkeiten erstrecken sich auf den gegenüberliegenden Uferseiten über eine Strecke von ca. 2 Kilometern.

Westufer (Er-Ramadi Gibli)[Bearbeiten]

Die bedeutendsten Monumente befinden sich auf dem Westufer. Der Eingang befindet sich im Norden der archäologischen Stätte. Sie ist von 9:00–17:00 Uhr geöffnet. Der Eintrittspreis beträgt LE 100, für ausländische Studenten LE 50 (Stand 12/2023).

Von Nord nach Süd gelangen Sie zu den folgenden Denkmälern.

  • Das bedeutendste Monument ist der 1 Speos des Haremhab (24° 39′ 1″ N 32° 55′ 47″ O). Der Felsentempel besteht aus einer breiten Halle mit geringer Tiefe, deren Front auf der Ostseite durch eine Pfeilerreihe gebildet wird und an deren Rückseite sich das Sanktuar (Allerheiligstes) anschließt. Der Tempelkult war auf sieben Gottheiten ausgerichtet (Amun, Mut, Chons, Sobek, Taweret (Thoeris), Thoth und dem Pharaoh Haremhab selbst). Die Pfeiler, Galeriehalle und das Sanktuar sind vollständig dekoriert. Die innen liegenden Pfeilerseiten und die (linke) Südseite zeigt hauptsächlich Haramhab bei verschiedenen Ritualhandlungen. Die rechte Seite zeigt Stelen vornehmlich von Ramses II., Merenptah, Sethos II., Siptah und Ramses III., aber auch von verschiedenen hochgestellten Beamten und Mitgliedern des Königshauses. An der Nordseite befinden sich sechs Statuen von Panehesi, der Göttin Maat, der Sängerin der Hathor Amunnacht, der Hathor, des Ptah und der Sängerin des Re Ray. Im Süden, auf Höhe der Pfeilerfront, befindet sich zudem die Kapelle des Panehesi, Wesir aus der Zeit des Merenptah, und ihr gegenüber die Kapelle des Paser (Pesiur), Wesir und Bürgermeister von Theben unter Ramses III. Auf der Laibung am Zugang zum Sanktuar sehen wir Haremhab, wie an Re-Harachte und Iusas opfert. An den Wänden des Sanktuars sind zahlreiche Götter dargestellt, die Rückwand zeigt die Statuen der Götter Amun, Mut, Chons, Sobek, Taweret, Thoth und des Pharaohs Haremhab.
  • Etwa einen Dreiviertel Kilometer südlich erkennt man drei königliche 1 Felsstelen (24° 38′ 56″ N 32° 55′ 47″ O). Die südlichste zeigt Ramses V. beim Opfer vor Amun-Re, Mut, Chons und Sobek-Re. Dies ist eins der wenigen Zeugnisse und zumindest das größte aus der Zeit dieses Pharaos, aber es besitzt kaum historischen Wert. Die mittlere Stele zeigt Scheschonk I., der von der Göttin Mut zu Amun-Re, Harmachis von Heliopolis und Ptah geführt wird. Die Inschrift stammt aus dem 21. Regierungsjahr des Königs, der in diesen Steinbruch Baumaterial für seine Erweiterung des Tempels von Karnak gewinnen ließ. Die nördlichste Stele zeigt Ramses III., der ein Bildnis der Göttin Maat als Zeichen der Wahrheit an Amun-Re, Mut und Chons opfert.
  • Es folgen 28 Felskapellen aus dem Neuen Reich (18. Dynastie), die als Kenotaphe (Stellvertretergräber) hoher Beamter dienten. Sie sind meist dekoriert, aber nur in wenigen Fällen einfach zugänglich. 18 Kapellen lassen sich ihren Besitzern und ihrer Zeit zuordnen: sie stammen zumeist aus der Zeit der Hatschepsut und Thutmosis’ III. Zu den hier genannten Beamten gehört der Verwalter Senenmut, der Hohepriester des Amun Hapuseneb, der Wezir User und die Kanzler Min und Sennefer, die ihrer Gräber auf dem thebanischen Westufer besitzen.
  • Am Ende erreicht man mehrere Sandsteinbrüche aus dem Neuen Reich und griechisch-römischer Zeit.
  • Südlich des Steinbruchs befinden sich drei 2 Felsstelen von Sethos I., Ramses II. und Merenptah (24° 38′ 33″ N 32° 55′ 44″ O), auf denen in gleich lautenden Texten die Nilgötter angebetet werden, und weitere königliche Stelen.

Ostufer[Bearbeiten]

Auch das selten besuchte Ostufer hat einiges zu bieten:

  • Unfertige Skulpturen wie Sandsteinsphingen,
  • der Kiosk Amenophis’ III. im Norden des Steinbruchs,
  • und südwestlich vom Kiosk das Hafenbecken, das in Zeiten des Nilhochwassers genutzt wurde,
  • sowie Galeriesteinbrüche und mehrere Felszeichnungen aus verschiedenen Zeiten.

Vom Ostufer aus hat man eine gute Aussicht auf die Denkmäler des Westufers.

Unterkunft[Bearbeiten]

Touristen besuchen Gebel es-Silsila üblicherweise von Assuan aus.

Ausflüge[Bearbeiten]

Der Besuch von Gebel es-Silsila lässt sich mit einem Besuch des Tempels von Kom Ombo und/oder der Stadt Darau verbinden. Zudem bietet sich ein Besuch des nur ca. 3 km nördlich entfernt liegenden Wādī Schaṭṭ er-Rigāl mit seinen Darstellungen aus prähistorischer Zeit und aus dem frühen Mittleren Reich an.

Literatur[Bearbeiten]

Die einzige geschlossene Darstellung der archäologischen Stätte findet man in einem frühen Reiseführer:

  • Weigall, Arthur Edward Pearse Brome: A guide to the antiquities of Upper Egypt : from Abydos to the Sudan frontier. London: Methuen, 1910, S. 356–373.

Sowohl die Steinbrüche als auch die archäologischen Stätten sind in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben:

  • Klemm, Rosemarie ; Klemm, Dietrich D.: Steine und Steinbrüche im alten Ägypten. Berlin [u.a.]: Springer, 1993, ISBN 3-540-54685-5, S. 242 – 266.
  • Thiem, Andrea-Christina: Speos von Gebel es-Silsileh : Analyse der architektonischen und ikonographischen Konzeption im Rahmen des politischen und legitimatorischen Programmes der Nachamarnazeit. Wiesbaden: Harrassowitz, 2000, ISBN 3-447-04369-5. Getrennter Text- und Tafelband.
  • Caminos, Ricardo Augusto ; James, Thomas Garnet Henry: Gebel es-Silsilah. London: Egypt Exploration Soc., 1963, Memoir / Archaelogical Survey of Egypt ; 31 (In Englisch).

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Weigall, Arthur: A guide to the antiquities of Upper Egypt : from Abydos to the Sudan frontier. London: Methuen, 1910, S. 360.
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